Samstag, 2. April 2011

André

Oder: So läuft Elite

Interessant

André habe ich in der Unibibliothek kennen gelernt. Ich saß an einem der Computer und schrieb gerade - an einer Bewerbung, einem Essay über den Kosovokrieg, das Daytonabkommen in Bosnien-Herzegovina - so genau weiß ich das nicht mehr. Da sprang mir von seinem Bildschirm das Wort "Beirut" entgegen. "Oh, interessant", dachte ich mir, "über was schreibt der denn?", und schaute noch mal hin. Irgendwas mit dem Libanon - Mann, waren meine Augen wieder schlechter geworden?

Peinlich

Und er drehte sich um. Sah mich an. Schnell, bevor es peinlich werden konnte (das ist ja jetzt nicht wirklich sehr ladylike, seinem Tischnachbarn quer über die Schulter zu lesen...), fragte ich, über was er denn da schreibe. Über den Libanon. Er wollte sich für ein Forschungsstipendium im Libanon bewerben, ein paar Wochen, diesen Sommer. Das war das Antragsschreiben.

Wie die Eltern, so der Sohn...

Und wir kamen ins Gespräch. Sozialanthropologie studierte er. Ich hatte es mir schon fast gedacht (der Akzent!), aber als ihn jemand auf Französisch ansprach, war klar: Der junge Mann ist auch Franzose. Den Rest des Gesprächs führten wir halb auf Französisch, halb auf Englisch - sehr angenehm war das, immer schnell in die Sprache wechseln zu können, in der man das Zu-Sagen-Wollende gerade besser ausdrücken konnte. Ich erzählte in von meinem Studium in Frankreich und er meinte gleich, da habe seine Mutter auch - vor Jahren - ihren Abschluss bekommen. Der Vater, ein Libanese, hat an einer der Eliteuniversitäten im Libanon studiert - kein Wunder, dass Söhnchen jetzt an einer der besseren Unis Englands studiert. Wie die Eltern, so der Sohn?

Von der gleichen Schule

Und dann kam wieder jemand an unserem Tisch vorbei, begrüßte André - in der Zwischenzeit hatte ich mitbekommen, dass das sein Name war - stürmisch auf Französisch und fragte ihn gleich nach der letzten club-Nacht aus. Noch jemand kam dazu, die Diskussion wurde aufgeregter und lauter - ganz Französisch eben - und als die beiden weg waren und ich zu André meinte, dass es an dieser Uni ja wirklich nicht viele Franzosen gebe, sie sich - das hatte ich schon vor Wochen bemerkt - aus irgend einem Grund aber in dieser Ecke der Bibliothek geradezu tummelten, nickte er zustimmend und sagte: "Wir kennen uns schon seit Jahren, wir kommen alle von der gleichen Schule".

So läuft Elite: Mama und Papa Absolventen der Superunis, Söhnchen auf die richtige Schule geschickt. Und so geht das dann immer weiter.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ja, so geht das. Immerhin braucht man nicht vom gleichen Beduinenstamm abstammen oder der gleichen Bergvolkschmugglerclique anzugehören, wie der Staatschef, oder sein Innenminister.

Immerhin geht es AUCH mit Talent.

Mensch, was wollt ihr eigentlich?