Sonntag, 26. Dezember 2010

Perspektive

When you change the way you look at things, the things you look at change.

(Hört sich zwar bös nach Kalenderspruchweisheit an, und - ja! - stammt auch von einem dieser Jeder-kann-glücklich-sein-Autoren namens Dr. Wayne Dyer, ist aber trotzdem gut.)

Samstag, 25. Dezember 2010

Nie genug

"Studien belegen: Noch nie haben Eltern so viel Zeit mit ihren Kindern verbracht wie heute. Und trotzdem haben 85 Prozent der Eltern ein schlechtes Gewissen, weil sie glauben, sie müssten noch mehr Zeit mit ihrem Nachwuchs teilen, als sie es ohnehin schon tun."

(Grade [mal wieder] in der ZEIT gelesen.)

Freitag, 24. Dezember 2010

Luxusproblemchen

- Nachteile eines Studiums im Ausland, Teil Eins -

Doof ist schon, dass man nach einem Studium im (fremdsprachigen) Ausland die ganzen Fachwörter nur auf der Fremdsprache kennt: Wer im Himmel wäre darauf gekommen, dass consociationalism Konkordanzdemokratie heißt?

Nach zwei Stunden mit Computer, Notizen und Wörterbuch ausgestattet wird mir erst klar, was für freakige Themen ich da eigentlich studiere. (Fragt mich jetzt nur nicht, was consociationalism / Konkordanzdemokratie eigentlich heißt - da brauch ich, glaube ich, noch mal zwei Stunden für ... mindestens!).

Zack, und wieder zurück zu meinen Vorlesungsnotizen.

Donnerstag, 23. Dezember 2010

WG-Probleme

Liebe Madeeha,

vielen Dank für das leckere [südasiatische] Essen! Jetzt müsstest du nur noch aufhören, dich über jeden Scheiß zu beschweren ("Sorry, Lieselotte, aber als ich heute Morgen ins Bad gegangen bin, da hatte jemand vergessen, ab zu spülen - I hope you don't mind -, wenn du's nicht warst, dann sag bitte deinem Mann Bescheid, sorry" - aaaargh!!), dann wärst du eine tolle Mitbewohnerin...

Gruß
von der Lieselotte

Dienstag, 21. Dezember 2010

Frohe Weihnachten

Und dann war da noch die Weihnachtsfeier im Kindergarten. Der ist naemlich doch nicht so richtig Multikulti (keine Sorge also, selbst in England hat das Abendland noch nicht seinen letzten Hauch getan): ab irgendwann im November war ploetzlich alles voll mit Spruehschnee, Lametta, bunten Glitzersternen und einem riesen Weihnachtsbaum aus Plastik.

Zur Weihnachtsfeier sprangen dann da ueber 50 Kinder zwischen ganz klein und 5 Jahren rum; pro Kind mindestens ein, meistens 2 Elternteile, und irgendwo dazwischen noch die Betreuer(innen, sind fast nur Frauen). Pre-school hat vorgesungen, toddler nicht richtig (die sind einfach noch zu klein), die beiden Baby-Gruppen sowieso nicht, was aber die Eltern nicht davon abgehalten hat, wie wild zu knipsen, filmen und dabei aufgeregt zu gigglen, winken und glucksen. Dann gab es genug Essen fuer zweimal soviel Leute wie wir es waren.

Kaum hatte man ein paar staerkende Snacks eingenommen, hiess es schon: "Santa Claus" ist da und wir mussten uns in eine ewig lange Schlange einreihen. "Santa Claus" sass in einer dunklen Ecke, standesgemaess in rotem Mantel mit Muetze und wallendem Bart - kein Wunder, dass das Lieschen Panik geschoben hat. Ich konnte sie dennoch ueberzeugen, wenigstens die Geschenke entgegen zu nehmen (ein Puzzle und ein Bilderbuch, der Kindergarten liess sich nicht lumpen), bevor wir wieder in den Festraum fluechteten.

Ein kurzer Chat mit Sara, die stundenweise im Kindergarten aushilft und deren Eltern einst aus Pakistan kamen. Dass sie ein langes, wallendes, schwarzes Gewand traegt, das aus einem Stueck Stoff genaeht zu sein scheint und bis auf Haende und Gesicht nichts blicken laesst, sei nur am Rande erwaehnt. Als zwei der juengeren Betreuerinnen dann eine Weihnachts-CD mit Beyonce und Mariah Carey auflegten (stellt euch "Jingle Bells" mit nem fetten Beat drauf vor) und anfinge, dazu abzurocken und ich gleichzeitig aus dem Augenwinkel noch mitbekam, dass das Essen unweigerlich wieder Richtung Kueche verschwunden war, beschloss ich, dass es fuer heute erst mal wieder reichte. Packte mir das Lieschen und machte mich durch die Kaelte auf nach Hause.

Dienstag, 14. Dezember 2010

Am Samstag

Am Samstag war ich mal Studentin. Hab ausgeschlafen. Nichts fuer die Uni gemacht, keine Texte gelesen, nicht aufgeraeumt, nicht gekocht, geputzt oder aufgeraeumt. Sondern mir das Lieschen geschnappt, um halb drei Federico angerufen, ob er sich um vier mit mir treffen wollte, er wollte, und hab mich dann mit dem Lieschen im Buggy auf den Weg in Richtung Innenstadt gemacht. Federico, der aus Italien kommt, hat Maria aus Mexiko mitgebracht und zu dreieinhalbst sind wir ins Tate. Eine gute Stunde moderne Kunst - mehr vertraegt kein Mensch. Um sechs wollten wir bei Federico im Studentenwohnheim sein, zum Kochen, es war sieben oder halb acht, bis wir da waren, da hat Eleftherios aus Griechenland schon den Salat geschnipselt, Federico hat das Nudelwasser aufgesetzt und nach und nach kamen die anderen dazu: Italien - Italien - Mexiko - Portugal - Griechenland - Japan - Deutschland. Dass das Lieschen dabei war, ist nicht weiter aufgefallen, und zum Nachtisch gab es Schokoladenkuchen mit Himbeeren und japanische Suessigkeiten. Bis wir zu Hause waren, war es nach Mitternacht. Am Samstag war ich mal Studentin.

Montag, 13. Dezember 2010

Hintergruendlich

"Sag mal, Lieselotte", hat mich letztens jemand gefragt, "bist du eigentlich Deutsche oder hast du einen Migrationshintergrund?".

Meine erster Gedanke war "Deutsche - ha ha ha, auch wenn's nicht danach aussieht", aber dann fiel mir ein, dass ich ja doch einen Migrationshintergrund habe. Auch wenn es nicht die Art Migrationshintergrund war, an die der, von dem die Frage kam, gedacht hatte, auch wenn ich nicht mit tuerkischen Vaetern, arabischen Onkeln oder afrikanischen Grossvaetern dienen konnte: Ich habe einen Migrationshintergrund.

Meine Grossmutter war laengst noch keine zwanzig, als sie damals aus Mitteleuropa nach Westdeutschland vertrieben wurde. Sie sprach die gleiche Sprache wie die Menschen in ihrer neuen Heimat (wenn auch einen anderen Dialekt), hatte die gleiche Religion und sah nicht viel anders aus, aber die Integration war nicht leicht. Ich kenne Heimatvertriebene, die bis heute den gar nicht so freundlichen Empfang durch ihre Landsmaenner nicht vergessen haben.

Das ist einer der Gruende, weshalb ich allergischen Ausschlag bekomme, wenn ich hoere, wie das Wort Migrationshintergrund in Deutschland benutzt wird. Da wird in den seltensten Faellen einfach nur nach Migration gefragt. Migranten, das sind bei uns die Tuerken, Araber, Griechen, Italiener, Afrikaner, Russen. Alles, was da halt so aus dem Sueden oder Osten kam. Der Freund meiner Schwester, der vor ein paar Jahren aus den USA nach Deutschland kam und soweit ich das einschaetzen kann, in der naechsten Zeit nicht vorhat, wieder zu verschwinden, ist kein Migrant; den wuerde keiner so nennen. Emmanuel, der an meiner Uni in Deutschland studiert hat und sich dann entschieden hat, nicht nach Frankreich zurueckzugehen, sondern in Deutschland zu arbeiten - wer wuerde den einen Migranten nennen?

Nein, Migranten, das sind die Schwarzkoepfe. Die Orientalen, die Ost- und Suedeuropaer, die Afrikaner und Asiaten, die, die man eigentlich nicht haben will, die, die ein Problem sind. Das Wort mag freundlicher sein als der Begriff Auslaender, das fuer die gleiche Gruppe benutzt wird, aber oft einfach falsch ist, weil viele der "Auslaender" in Deutschland schon lange einen Pass haben, aber solange der Migrationshintergrund von Zainab, Onur und Mischa mehr Migrationshintergrund ist als meiner, stimmt da was nicht.

Sonntag, 12. Dezember 2010

Dreimal Islam an der Uni

Der erste term meines Studienjahres in London ist vorbei und weil ich hier in London bin, kam ich zum ersten Mal in meiner Uni-Laufbahn in den Genuss, das term-Ende mit einem von der Islamischen Hochschulgruppe organisierten Gemeinschaftsgebet zu feiern. Ich war baff. Da, wo ich bisher studiert habe, gab's so was nicht.

An meiner Uni irgendwo in einer nicht extrem großen Stadt in Ostdeutschland gab es so gut wie keine Muslime. Ich kannte ganz lange nur zwei, Louis aus dem Senegal und Abduh aus Ghana, die aber beide schon viel älter als ich und nicht mehr an der Uni waren. Dafür kannte mich an der Uni jeder, weil es nur ein Kopftuch gab, meins. Irgendwann hat mich dann Anna auf der Straße angesprochen. Sie war Russin, zum Islam übergetreten, studierte auch an meiner Uni und über sie lernte ich die anderen kennen: ein Mädchen aus Polen, die auch Muslimin geworden war, zwei Usbeken, für eine Weile waren auch zwei deutsche Türken mit dabei. In unserer Stadt gab es islammäßig nichts, keine Moschee, keine Vereine, kein halal Fleisch zu kaufen, ich kannte nicht mehr als zwei muslimische Familien. Unsere Islamische Hochschulgruppe haben wir uns selbst gegründet, und als wir dann einer nach dem anderen die Uni verlassen haben, war das das Ende unserer Gruppe.

Dann bin ich zum Studium nach Frankreich. Dort gab es plötzlich massenweise Muslime in meiner Stadt, halal Fleisch an jeder Ecke und auch genug Moscheen, aber an meiner Uni (einer sogenannten Elite-Uni) gab es nur wenige Kulturmuslime und noch weniger, die sich über das Minimum hinaus für ihre Religion interessierten. Ich kannte nur zwei, Dina aus Ägypten (das war Kopftuch Nummer zwei, es gab noch ein drittes) und Imran, einen syrischen Franzosen, mit dem ich zwischen den Vorlesungen durch das Unigebäude geschlichen bin, auf der Suche nach einer Ecke zum Beten. Auch dort: keine Islamische Hochschulgruppe (wir haben eine gegründet, aber als wir nach einem Jahr weg waren, gab es auch diese Gruppe nicht mehr).

Hier in London ist alles anders. Zwar bin ich auch die einzige Schleiereule an meiner Fakultät, an der Hunderte studieren, aber sonst an der Uni kommt einem immer mal wieder ein Kopftuch entgegen geweht. Es gibt einen schönen, geräumigen Gebetssaal mit kleiner Bibliothek, einer Sitzecke, sogar eine Mikrowelle steht da in der Ecke. Viele kommen nicht nur zum Beten, sondern auch zum Essen, Lernen, Quatschen und zu Hochzeiten (Hooooochzeiten, nicht Hochzeiten mit kurzem o) ist der Raum mit fünfzehn, zwanzig Mädels voll. Es gibt regelmäßige Veranstaltungen, die sich an Muslime und Nicht-Muslime wenden und auch die Internationalität ist beeindruckend: Großbritannien, Irland, Bangladesh, Pakistan, Indien, Sri Lanka, Palästina, Syrien, Jordanien, Ägypten, USA, Mauritius, Ghana, Sudan, Somalia - sind alle vertreten, seit Neustem auch Deutschland.

Samstag, 4. Dezember 2010

Vom Wilden Westen in den Nahen Osten

Ueberschaubare Uni (oder zumindest Institute) mit ansehbarer Ausstattung; Unterrichtsraeume, die nicht so aussehen, als waeren sie in den Siebziger oder Achtziger Jahren zum letzten Mal renoviert worden; kleine Lerngruppen; ein Gemeinschaftsgefuehl unter Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitern der Verwaltung wie man sie sonst nur von obskuren Bruderschaften oder den Pfadfindern erwarten wuerde (oder so); innovative Lehre; geringere Lebenshaltungskosten, keine Studiengebuehren und - ganz bestimmt nicht zuletzt - die Moeglichkeit einen ganz anderen Teil Deutschlands kennen zu lernen: ich wuerde jederzeit wieder an meiner Uni im Osten studieren.

In meinem Abijahrgang sind die meisten zum Studieren in [der Stadt, in der die Lieselotte Abi gemacht hat] geblieben. Eine kleine Gruppe (fuenf vielleicht?; wir waren achtzig, neunzig oder hundert) ist nach Berlin gegangen, der Rest in Staedte im Umkreis von ein bis anderthalb Stunden von [der Stadt, in der wir Abi gemacht haben]. Die Lieselotte war die einzige, die in den Osten gegangen ist (und, das nur nebenbei, aus eigenem Wunsch und nicht NVS-zwangsverschickt), da war die Gruppe derer, die gleich zum Studium ins Ausland sind, groesser (zwei oder drei von uns). Dabei gelten die Unis im Nahen Osten schon laenger als Geheimtipp - meint der SPIEGEL.

Freitag, 3. Dezember 2010

Mal auf Niveau diskutieren

Waere ich in Berlin, wuerde ich mich von der Konrad-Adenauer-Stiftung fuer die Veranstaltung am 15. Dezember einladen lassen:

Jugendszenen in Deutschland.
Zwischen Islam und Islamismus.

Neben einem allgemeinen Ueberblick ueber muslimische Jugendszenen in Deutschland soll auch ueber MMPJs (maennliche muslimische Problemjugendliche, Anmerkung der Lieselotte) diskutiert werden. Es soll um Ursachen der Radikalisierung junger Muslime in Deutschland gehen und was man dagegen tun kann. Als Referenten sind Werner Schiffauer, Sonja Hegasy, Christian Pfeiffer und Lamya Kaddor eingeladen - eine bunte, vielversprechende Mischung also!

Wie gerne waere ich am 15. Dezember in Berlin...!

Donnerstag, 2. Dezember 2010

Winter in London

Seit gestern schneit es in London. Die ersten Flocken waren schon seit Mitte letzter Woche angekuendigt, aber es liess und liess sich nichts blicken. Im Stadtzentrum liegt auch jetzt kein Schnee, heute waren noch nicht einmal die Strassen nass. Aber draussen, in den Vororten, Richtung Stratford, Ilford, Greenwich und Canning Town, da ist alles weiss. Und so stiefel ich jeden Morgen durch Schnee und Eis, um dann an der Uni in hier vollkommen unnoetiger Wintermontur (schneetaugliche Stiefel und so weiter) zu sitzen. Sibirisch kalt ist es hier wie dort.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Grossstadtsymptome

War hier mal vom lausigen Londoner Nahverkehrssystem die Rede? Ich ziehe alles zurueck. Richtig schlimm scheint es in Tokio zu sein. (Und da sieht man mal wieder: (fast) alles ist relativ. Jetzt freu ich mich fast auf die U-Bahn-Fahrt nach Hause!)