"Was ist denn jetzt schon wieder los?!" - jeden Morgen die gleiche Frage. Diese tube-Linie fällt heute aus, auf jener gibt es Verspätungen und diese dort fährt nur zwischen dieser und jener Station. Signalstörungen, Probleme mit den Gleisen, eine Tür, die nicht schließt, Streik. Irgendwas ist immer.
Wenn ich erzähle, dass ich in [einer Metropole - besser: Moloch - Südasiens] regelmäßig Auto gefahren bin, ernte ich immer wieder Erstaunen und Bewunderung. Dabei ist die wirkliche Herausforderung ist nicht südasiatischer Feierabendverkehr in der Großstadt - es ist eine Reise mit der London tube von A nach B.
Am schlimmsten ist es vor neun Uhr morgens und nach halb sechs Uhr abends, wenn alle Pendler versuchen, sich noch in einen Zug zu quetschen. Schon im Gang auf dem Weg zu den Gleisen staut sich die Masse an Menschen - fünfzig Meter, hundert. Und das in einem zehn Meter breiten Gang. Du kommst nur im Schritttempo weiter. Dass du schließlich doch wohlbehalten am Gleis angekommen bist, heißt gar nichts. Du musst dich erst noch in einen der Züge kämpfen. Das klappt nicht immer beim ersten Mal, aber je länger du dort stehst, desto skrupelloser wirst du - und schaffst es schließlich doch.
Da stehst du dann, die Haare der Frau vor dir im Gesicht, spürst den Atem des Mannes neben dir auf deiner Nase und machst komische Verrenkungen, um an die Haltestange zu kommen ohne dem Jungen neben dir auf den Fuß zu treten. Dabei ist, die Haltestange zu erreichen, eigentlich nur von peripherer Bedeutung, da du, selbst bei einer Vollbremsung, gar nicht fallen kannst. Besonders nett ist die ganze Übung mit einem Kleinkind auf dem Arm oder im Buggy - wobei es hier auch einen Vorteil gibt: Wenn du Glück hast, verfällt das Kleine nach einer Weile in panikartige Platzangst und fängst so laut an zu schreien, dass du aus Mitleid doch noch einen Sitzplatz angeboten bekommst.
Südasien kann breitere Straßen bauen, striktere (und weniger korrupte) Verkehrskontrollen einführen und eigentlich längst nicht mehr verkehrstüchtige Uraltautos verbieten. Was aber ist mit London? Warten wir hier, bis in einem der überfüllten Gänge, in denen es weder vor noch zurück geht, die erste Massenpanik ausbricht - oder wird da vielleicht schon mal vorher was gemacht?
Samstag, 30. Oktober 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
Genau dieses beschriebene Szenario hält mich davon ab in eine solche Großstadt umzusiedeln. Ich mag das einfach nicht. Hier in meiner beschaulichen Heimatstadt kommen solche Massenaufläufe eigentlich nie vor. Außer man wagt sich am Samstag nachmittags in die Innenstadt :-D Aber das machen eigentlich auch nur Leute von außerhalb, die denken das wäre das höchste der Gefühle - oder ein paar arme Schweine, die unter der Woche bis um 20 Uhr arbeiten müssen und dann ab und zu doch mal ein paar neue Unterhosen kaufen müssen.
Aber schon Berlin, das ja von der Größe her nicht an London heranreicht, lässt mich manchmal verzweifeln, wenn es ums U-Bahn-Fahren geht. Da ist dann die Linie gesperrt, die einen vom Ostteil in den Westteil der Stadt bringen würde und der Schienenersatzverkehr ist nicht auffindbar. Busse halten nicht da wo man vermutet, dass sie halten, etc. pp. Na ja ... die Verabredung nachmittags um 15 Uhr musste man dann absagen, da man nicht wusste, wie man den Treffpunkt erreicht und diejenigen, mit denen man sich verabredet hatte, konnten auch nicht zu einem kommen, da sie mit dem Auto nicht durch die Stadt fahren konnten (einer Parade - Karneval der Kulturen - wegen).
Ach ja, und das letzte Mal als ich in London war (es hat natürich geregnet), das war in der Vorweihnachtszeit Mitte Dezember, konnten wir abends nicht zum Zug zurück, da die U-Bahn-Stationen geperrt waren. Wegen Übefüllung natürlich. Haben dann sehr lange gewartet und uns dann irgendwann doch noch in die Massen gestürzt, als diese sich dann ein paar cm vorwärtsbewegten. Oh jeh. Klaustrophobie ist keine Störung, die man sich dort zulegen sollte.
Kurz und gut: Es wäre mir zu stressig. Aber andererseits kann man ja auch einfach in seinem Viertel bleiben :-D
Ja, stimmt, das kann einem schon zum Umzug in kleinere Ortschaften bewegen... Wobei ich so was in Paris nie erlebt habe. Und das ist ja auch eine riesen Stadt mit unglaublich vielen Menschen auf ziemlich begrenztem Raum. Also: Sind die Londoniter unorganisierter? Gibt es mehr von ihnen - in Relation zu den zur Verfügung stehenden U-Bahn-Stationen und -wagen? Oder was ist hier los?
Kommentar veröffentlichen