Montag, 31. Januar 2011

Bericht aus Pakistan

Tee mit Milch, Terrorangst, Taliban: In der SPIEGEL-Kolumne "Chai mit Tee" schreibt Suedasien-Korrespondent Hasnain Kazim, geboren und aufgewachsen in Niedersachsen, vom Alltag in Indien und Pakistan.

Mittwoch, 26. Januar 2011

Inkognito

Es war ein langer Tag gewesen. Den ganzen Tag über hatte man immer wieder lautes Gegröhle auf den Straßen gehört. Fand da irgend ein wichtiges Fußballspiel statt? Jetzt, am Abend, stauten sich mal wieder die Fahrgäste vor meiner U-Bahn-Station. Es ging nicht vor und nur schwer zurück, die Station war aus Überfüllung geschlossen. Ich stehe mit Buggy und Lieschen in der Menge und um uns herum viele "normale" Leute und eine ganze Menge gröhlender Fußballfans, die mehr brüllen als singen und irgend welche Sprüche skandieren. Ich verstehe nicht viel, dafür ist es einfach zu laut und zu sehr gebrüllt ... aber doch da: "10 German bombers are flying in the sky, 10 German bombers are flying in the sky...", und dann kommt die RAF und schießt einen von ihnen runter ... "booooooom!!! 9 German bombers are flying in the sky, 9 German bombers...". Ich gucke mich um. Keiner weiß hier, dass ich Deutsche bin. Ich würde es gerne jemandem sagen ... und mir vielleicht einen dieser Fußballburschis schnappen und ihm verklickern, was ich von ihm und seinesgleichen halte - auch wenn ich natürlich weiß, dass das wahrscheinlich nicht viel bringen würde.

Eine lange U-Bahn-Fahrt später sind das Lieschen und ich fast zu Hause. Wir steigen etwas früher aus, um in einem der kleinen pakistanischen Bistros chicken biryani und kebab rolls zu holen. Auf mein salam alekom (schoen mit suaedasiatischer Intonation) antworten sie ebenso und nehmen meine Bestellung entgegen. Das biryani füllen sie in eine kleine Alubox und einer der Männer rollt die kebabs in zwei kleine Fladenbrote. Währenddessen unterhalten sie sich auf Urdu, wir könnten genauso irgendwo in Südasien sein. Ob ich Minzsoße wolle, fragt einer. Ja, bitte. Und Chilli? Ein bisschen. Keiner weiß hier, dass ich Deutsche bin und "ein bisschen" war definitiv die falsche Antwort. "Ein bisschen Chilli" heißt auf südasiatisch nämlich ungefähr das Gleiche wie "höllisch viel Chilli" auf Deutsch. Als mir das dämmert, ist es leider schon zu spät. Mit einem Schwung aus dem Handgelenk hat der Mann eine halbe Kelle rote Chilli Soße auf jedem der Fladenbrote verteilt, rollt sie zusammen und hält mir die Tüte mit biryani und kebabs mit einem Lächeln entgegen. Allah hafez - allah hafez, und ich verlasse das kleine Bistro, freue mich auf meine kebab roll - auch wenn ich natürlich weiß, dass sie viel zu scharf sein wird.

Samstag, 22. Januar 2011

Frauen in islamistischen Terrororganisationen

Außerdem habe ich ein Thema für meine Masterarbeit gefunden: Über Frauen in islamistischen Terrororganisationen möchte ich schreiben. Am meisten interessieren mich Frauen in global-jihadistischen Gruppen, aber auch zu Organisationen wie Hamas oder Hizbullah werde ich in den nächsten Monaten Informationen suchen.

Falls ihr Links oder Literaturtipps habt - ich freue mich über jeden Tipp!

Freitag, 21. Januar 2011

Von falschen Tabus

Ein Januarnachmittag im islamischen Gebetsraum meiner Uni in London. Es ist gerade Zeit für das Nachmittagsgebet und eine Gruppe Mädchen sitzt auf dem mit Teppich ausgekleideten Boden und wartet darauf, dass sich noch irgend jemand für das Gebet fertig macht. Ich sitze neben Shamima, die aus Großbritannien kommt und bengalische Eltern hat, und einem Mädchen, das aus dem Libanon für ihr Studium nach London gekommen ist. Ein weiteres Mädchen kommt in den Raum, ich habe sie schon ein paar Mal gesehen, sie kommt aus Pakistan und lebt seit fast drei Jahren in Großbritannien. Man hat sich - es waren gerade Ferien - seit einer Weile nicht gesehen und begrüßt sich herzlich.

Schnell kommt das Thema auf das Studium der beiden Mädchen aus dem Libanon und aus Pakistan, das sie diesen Sommer abschließen werden. Über was sie ihre Bachelorarbeit schreiben will, wird das Mädchen aus Pakistan gefragt. "Oh", meint sie, sie habe eine Weile herum überlegt, aber sich schließlich dafür entschieden, über die Geschichte der Prostitution in Pakistan zu schreiben. "Ehrlich?", wir machen große Augen und jemand fragt sie scherzhaft, ob ihre Eltern schon Bescheid wüssten. Sie lacht und schüttelt ihre langen, braunen Haare mit einer Kopfbewegung über die Schulter. Ja, und es sei nicht einfach gewesen. Ihre Eltern - sie stammt aus der ziemlich westlich orientierten Oberschicht des Landes - seien sehr liberal, aber das wäre schon heftig gewesen. Sie habe ihnen lange erklären müssen, dass sie das Ganze soziologisch-historisch angehen würde und das es halt einfach eine wissenschaftliche Arbeit sei. Die Eltern scheinen immer noch nicht begeistert zu sein, aber würden sich ihr zumindest nicht in den Weg stellen.

Das Mädchen aus dem Libanon nickt verständnisvoll. Ja, sie kenne das. Ihre Schwester wollte damals einen Master im medizinischen Bereich mit einem Schwerpunkt auf HIV und AIDS machen. Ihre Eltern seien auch kein bisschen begeistert gewesen und letztendlich habe sich die Schwester für einen anderen Schwerpunkt - Krankheiten im Nahen Osten - entschieden.

Das Mädchen aus Pakistan wird, so wie es aussieht, seine Bachelorarbeit zur Prostitution in Pakistan schreiben. Die Schwester des Mädchens aus Libanon vielleicht auch mit dem anderen Schwerpunkt glücklich werden. Aber was ist da los innerhalb der muslimischen Gemeinschaft, wenn auf alles, was nur entfernt nach "Sex" aussieht, hysterisch reagiert wird? Man kann ja eine konservative Sexualmoral haben. Das ist jedermanns eigene Entscheidung. Man kann diese Moral auch seinen Kindern übermitteln. Aber wenn es dann so weit geht, dass man zum gesellschaftlichen outcast wird, weil man zur Geschichte der Prostitution im eigenen Land forscht oder AIDS-Kranken helfen möchte - dann läuft da etwas extrem falsch. Und mit Islam hat das auch nicht mehr viel zu tun.

Sonntag, 16. Januar 2011

Ein paar Gedanken. Zur Revolution...

Revolution in Tunesien, so plötzlich geht das, so einfach. Meine Freunde in Paris debattierten die Lage vor Ort schon seit Wochen auf Facebook, das war zu einer Zeit als man in den deutschen Medien nach Informationen jenseits des Mittelmeers noch suchen musste. Als sich schließlich die Nachricht vom türmenden Präsidenten verbreitete, konnten sie sich vor Freude kaum halten. Wer ist als nächstes dran, Marokko, Tunesien, Libyen, Ägypten, Palästina...? Von den korrupten arabischen Regimes vor Ort (bzw. im Falle Palästinas: von der israelischen Besatzungsmacht) haben sie so ziemlich alle die Nase voll, ob sie selbst Wurzeln in einem dieser Länder haben oder nicht. "Wann steigt Sarko(zy) endlich in ein Flugzeug nach ganz-weit-weg?", fragt einer, der auch zu Hause gerne andere Verhältnisse hätte. Dabei steht den Tunesiern der schwierigste Teil wohl noch bevor. Gegen etwas zu sein, ist einfach. Aber sich zu einigen darauf, was danach kommt, eine stabile Regierung auf die Beine zu stellen und Schlimmeres zu verhindern (fragt die Iraner...), das ist es, woraus es letztendlich wirklich ankommt.

Samstag, 15. Januar 2011

Flaschensammler

Von einem, der, als plötzlich alles vorbei war, sein altes Leben hinter sich ließ und von da an in Zügen lebte.

Freitag, 14. Januar 2011

Sarrazin revisited

Wer sich nach der tendenziell hysterisch geführten Diskussion über Thilo Sarrazin und seine Thesen über muslimische Migranten in Deutschland noch einmal in Ruhe mit der Debatte und den darin aufgekommenen Themen auseinander setzen will, dem sei das Dossier des an der Humboldt-Universität angesiedelten Projekts Heymat zu empfehlen.

Sonntag, 9. Januar 2011

Seid vor allem

... immer fähig, jede Ungerechtigkeit gegen jeden Menschen an jedem Ort der Welt im Innersten zu fühlen."

Ernesto "Che" Guevara

(Kalenderzettelchen-Weisheit, die Zweite...)

Samstag, 8. Januar 2011

Madeeha (02)

Oder: Reinkommen, bleiben wollen

Man ist nervös dieser Tage als Migrant in Großbritannien. Die, die über keinen gesicherten Aufenthaltsstatus (oder zumindest keinen unbefristeteten Aufenthaltstitel) verfügen, machen sich Sorgen, wie es weiter gehen soll, unter der neuen liberalkonservativen Koalition. Das nicht alles bleibt, wie es war, ist den meisten klar.

So auch Madeeha, die seit zwei oder drei Jahren auf einem Studentenvisum im Lande lebt, ohne jemals hier studiert zu haben. Zu Hause, in [Land in Südasien] hat sie Soziologie, Punjabi und Persisch studiert und dann einen Master in Englischer Literatur begonnen. Aus Spaß, wie sie meint, hat sie dann mit einer Kusine zusammen eine Online-Bewerbung für ein Studium in Großbritannien ausgefüllt. Die Uni in England scheint die Bewerbung wichtiger genommen zu haben als sie und ein Telefoninterview, in dem sie "nach ihrem Namen und noch zwei, drei anderen Sachen" gefragt wurde, hatte sie den Studienplatz.

Bei der Ankunft in England wurde sie von den Grenzbeamten gefragt, für welchen Zweck sie einreise, wo sie wohne, und das war es dann schon. Wirklich studiert hat sie hier nie. Jetzt fragt sie sich, wie es weiter gehen soll, wenn ihr Studentenvisa ausläuft. Sie möchte in Großbritannien bleiben. Das Leben in Großbritannien ist einfacher und sie ist in der Zwischenzeit mit Hassan verheiratet. Madeeha ist Schiitin, er Sunnit. Sie stammt aus dem Osten des Landes, er aus dem Westen; die Familien sprechen unterschiedliche lokale Sprachen, außerdem gehören sie unterschiedlichen Kasten an. Sie könnten in [dem Land in Südasien, aus dem sie stammen] zusammen leben, aber es wäre schwierig - für sie und ihre Kinder, falls sie eines Tages welche bekommen. Hier, in Großbritannien, sind sie einfach beide Asians. Außerdem, sind sie - fern von Familien und Verwandten - ziemlich frei, zu tun und lassen, was sie möchten.

Der auf Einwanderungsrecht spezialisierte Anwalt, mit dem sie ihren Fall jetzt mal wieder besprochen hat, hatte nun eine neue Idee. Sie solle doch eine Scheinehe eingehen, für 5, 7, 10.000 Pfund sei das zu haben. Ich dachte, ich höre nicht richtig und habe ihr sofort abgeraten, von der Scheinehe genauso wie von diesem Anwalt. Madeeha jedoch möchte diese Option nicht ausschließen, auch wenn sie zugibt, dass sie ein gewisses Risiko birgt. Noch ist über ihren Antrag auf eine Verlängerung ihres Visums nicht entscheiden; ob sie sie zugesprochen bekommt, ist ungewiss.

Freitag, 7. Januar 2011

Islam und Terrorismus

Lieselotte schreibt gerade einen Essay ueber al-Qaeda und die Frage, ob es sich dabei um eine soziale Bewegung handelt, und stolpert dabei immer wieder ueber denkanstossende Zitate. So was wie das hier:
"People assume that the jihadis are well educated in religion. That is not the case. A few religious scholars exist in their midst, but theirs is a very untraditional interpretation of the scriptures. the majority of terrorists come to their religious beliefs through self-instruction. Their religious understanding is limited; they know about as much as any secular person, which is to say, very little. Often, they have not started reading the Quran seriously until they are in prison, because then it is provided to them and they have lots of time to read it."
Marc Sageman: Leaderless Jihad. Terror Networks in the Twenty-First Century. Philadelphia: 2008, p. 51.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Gemeinsamer Feind

Nach den Anschlaegen in Aegypten: Niederlaendische Muslime bieten ihre Hilfe bei der Sicherung koptischer Kirchen in den Niederlanden, die auf einer Liste potentieller Anschlagsziele des Terrornetzwerkes Al-Qaida stehen, an. "Die koptischen Christen, wir selbst und alle Niederlaender haben einen gemeinsamen Feind: den Terrorismus", erklaeren die muslimischen Verbaende. Der Pastor einer der drei Kirchen zeigt sich erfreut ueber das Angebot. Ein erstes Treffen ist geplant.

So soll das sein.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Es wird

... Fruehling.

Die Sonne, die heute morgen da draussen gescheint hat, das war keine Wintersonne mehr.

Dienstag, 4. Januar 2011

Hm

Ich habe mal wieder Kopftuchzweifel. Will ich noch, brauche ich noch, soll ich noch? Stehe vor'm Spiegel, mit Kopftuch und all den Kleidern, die dazu gehören (es ist ja nicht nur das Tuch) und dann ohne Tuch, gucke mir die beiden Lieselottes an und überlege.

Montag, 3. Januar 2011

Mit was...

sich andere so beschäftigen. Oder: Neulich auf Facebook.

Ben Malmani: "yo, does Logic warp songs automatically or can you do it manually in the Sample editor section? I'm having trouble keeping a consistent tempo throughout a song."

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Ishak Banoo: "logic does have what it calls flex-time editing - i haven't used it because i like to use ableton for that. it's simpler and quicker. you can rewire ableton to logic (ableton as slave, logic as master). but logic's flex-time editing is only good for about 1-2 bpm shifts. are you working with audio instead of MIDI?"

Wednesday, December 29, 2010 at 11:05am

Ben Malmani: "Yeah I'm working with Audio. Does that matter?

Wednesday, December 29, 2010 at 3:28pm

Ishak Banoo: "yeah. you need to work with MIDI. there's only so much you can do with audio - you can sample at best, but you can't really produce or write any music. look up some logic tutorials on youtube and itll show you how"

Wednesday at 3:30pm

Sonntag, 2. Januar 2011

Eure Kinder

Imam Ali ibn Abi Talib said:

"Do not force your children to behave like you, for surely they have been created for a time which is different to your time.”

Samstag, 1. Januar 2011

Bisschen Kunst und Kultur

The British Museum, London
Dezember 2010

Irgendwann an einem Wochenende stand dann ein Besuch im Britischen Museum auf dem Plan. Mit Carlos aus Chile, der an meiner Uni studiert, und dem Lieschen, das den größten Teil des Museumsbesuchs im Buggy verschlafen hat. Fazit: Allein für das Gebäude lohnt sich ein Besuch. Besonders beeindruckend: das die riesige Eingangshalle überspannende Kuppeldach, das offenbar von Norman Foster geplant wurde. Wie schon im Tate ist auch hier der Eintritt frei, Spenden sind erwünscht, aber nicht obligatorisch (wie machen die Briten das, wie finanzieren die sich?).

Ähnlich wie im Louvres oder den Vatikanischen Museen in Rom bräuchte man Wochen, um wirklich alle Ausstellungsräume zu sehen. Wir entscheiden uns für Asien. Auf dem Weg dorthin kommen wir in den Räumen zu Nord- und Südamerika und Europa vorbei - (das gibt gleich einen Pluspunkt, dass Europa genauso behandelt wird wie alle anderen außereuropäischen Kulturräume). Wir sind tief beeindruckt von meterhohen, mit auf beiden Seiten mit endlosen Bücherregalen ausstaffierten Räumen, in denen unsere Schritte auf dunklem Parkettboden verhallen.

In Asien wimmelt es nur so vor Asiaten, jeder Menge Touristen, die sich vor den Kunstgegenständen, die aus ihren eigenen Ländern stammen, gegenseitig fotografieren. Nach fast einer Stunde riesiger Buddha-Statuen, uralten Messern, Kesseln, Vasen und Schmuck dreht sich uns der Kopf. In der Eingangshalle gibt es ein kleines Café, wo wir so lange sitzen und Jobchancen nach dem Studium, das Wesen der chilenischen Identität und allgemeine Reisepläne besprechen, bis wir wieder fit sind für den Weg nach Hause. British Museum: unbedingt wieder!