Donnerstag, 13. Oktober 2011

Mutterscheiße

Lasst mich in Frieden mit eurer Mutterscheiße

Vor ein paar Sommern, als dass Lieschen noch klein war und ich zusammen mit ihr und meiner Schwester im Park spazieren ging, trafen wir auf eine Gruppe von Freunden. Oder Bekannten. Vier, fünf Jungs, mit denen ich damals in der Schule war, die heute studierten und weil sie, anders ich, nach dem Abi in unserer Stadt geblieben waren, bis heute noch gut befreundet sind. Ich hatte sie lange nicht gesehen, sie das Lieschen noch nicht, außerdem war es warm und Sommer und alle haben sich gefreut.

Nach einer Weile allgemeinen "Und, wie geht's euch?" stand ich mit einem der Jungs am Rande der Gruppe, als er mich mit einem Schwung Empathie in der Stimme fragte, ob ich denn das Muttersein jetzt so richtig auskosten würde und bedingunglose Liebe für mein Kind empfinden würde. Ich schaute ihn, das Lieschen auf dem Arm, erst mal an wie ein Pferd. Das Muttersein auskosten ... wie bitte? "Äh ... was ... nee", brachte ich einen Moment später raus. Jetzt schaute er wie ein Pferd.

Ich sagte dann noch irgendwas, ich weiß nicht mehr was, aber es war eine etwas ungeordnete, aber im Grunde relativ ehrliche Antwort, irgend so was à la dass das Lieschen jetzt eben da sei, aber dass von überschwänglicher Mutterliebe (noch so ein Riesenzitat, dass er brachte) nicht die Rede sein konnte. Und bedingslose Mutterliebe - nun ja. Er schaute mich bestürzt an. Das wurde mir jetzt doch etwas unheimlich und ich schob noch schnell ein "aber klar hat man sie lieb, sie sind ja so süüüüüß" hinterher. Zack, leuchtete das riesen Lächeln auf seinem Gesicht wieder auf und nickte er zustimmend. Das hatte er hören wollen.

"Ja", setzt er an, seine Freundin, die Lisa haette ja gerade auch ein Kind bekommen und jetzt ginge sie voll in ihrer Mutterrolle auf. Noch so ein Satz. Ich nickte nur, lächelte höflich und nutzte die nächste Möglichkeit zur Flucht. Was war denn das für ein Müll? Da wollte mir ein Mann, der selbst noch nicht einmal Vater war, was von Mutterliebe und Muttersein erzählen. Hört mir auf mit diesem Scheiß.

Es ist schön, Mutter zu sein. Es kann verdammt anstrengend sein. Und ja, ich hab mein Kind lieb - manchmal fällt sie mir extrem auf die Nerven. Aber ich gehe in keinem Muttersein auf - ich bin noch ein bisschen mehr als nur Mutter - und ob von bedingungsloser Liebe die Rede sein kann ... darüber können wir wenn das Lieschen dann in der Pubertät ist, vielleicht noch einmal sprechen.

In jedem Fall ist das letzte, was man als junge Mutter braucht, eine Menge Leute, die eine ganz genaue Vorstellung davon haben, wie es zu sein hat, das Muttersein. Dass man in seiner Mutterrolle aufzugehen hat, bedingungslose Liebe vom ersten Moment zu empfinden hat und sich hundselendschlecht zu fühlen hat, wenn man eine Stunde vom Kind getrennt ist. Das mag manchen Frauen so gehen, und ist dann, falls das so ist, in Ordnung und sollte nicht anders sein. Schließlich ist das Bild an sich nicht das Problem, sondern dass es Norm für alle sein soll.

Und eben dies, dieser Müll, wird einem in Filmen, Büchern, all den Elternratgebern immer wieder um die Ohren geschlagen. In der Anfangszeit als Mutter, in der vieles neu ist, sich einiges ändert und man sich oft erst einmal wieder neu arrangieren muss, ist das Letzte, was man braucht, ein Wust an Erwartungen und völlig idealisierten Vorstellungen davon, wie es nun zu sein hat.

Mutterscheiße? Brauchen wir nicht.

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Von den Konvertitinnen brauchen wir uns also auch keine demographische Wende zu erwarten. Ist vielleicht auch besser so. Holen wir uns lieber Kopten und Leute, die echt besser raus sollten.

Lieselotte hat gesagt…

Erstens habe ich in dem Text keine Aussage dazu gemacht, ob und wieviele Kinder ich haben möchte. Zweitens können Sie sich Ihre Kommentare, ob das besser oder schlechter wäre, sparen. Drittens: klar, Kopten nach Deutschland holen. Viel Spaß.

Anonym hat gesagt…

"Kopten nach Deutschland holen. Viel Spaß."

Noch mehr Spaß ?
Was läuft denn bei denen verkehrt ?

Lieselotte hat gesagt…

Kopten sind immer noch Araber. Nur weil die den gleichen religiösen Hintergrund (einen ähnlichen religiösen Hintergrund) wie der Großteil der Menschen in Europa haben, heißt das noch lange nicht, dass dann alles super klappt mit der "Integration". Das sind immer noch Ägypter, Araber, Menschen fremder Sprache und Kultur. Die Religion alleine integriert die Leute nicht automatisch, genauso wenig wie sie sie (im Falle des Islams) davon abhält.

Also, falls Sie Migranten aufgrund Ihrer Religion selektiv die Einwanderung gewähren lassen wollen, bitte schön. Aber machen Sie sich da keine Illusionen. Wenn Sie angesichts Ihres arabisch-muslimischen Nachbarn nervös werden, bin ich mir nicht sicher, ob Sie die Ankunft der xten arabisch-koptischen Familie in Freudenschreie versetzen wird...

Anonym hat gesagt…

Aber vielleicht haben Menschen, die einer feindseligen Mehrheitsgesellschaft entkommen sind, möglicherweise etwas mehr Toleranz für unsere Vorstellungen von Menschenrechten, Gleichberechtigung, Freiheit, etc.

Vielleicht verspotten und verachten sie uns nicht sofort so, wie viele unserer muslimischen Migranten. Ist nur so eine Hoffnung; kann natürlich auch schief gehen ...

Wie sind anscheinend dem Untergang geweiht.

Anonym hat gesagt…

"Kopten sind immer noch Araber."

Da sollte man vielleicht mal eine Umfrage machen. Wer sich von den Nordafrikanern zu Arabern erklärt, oder wer lieber, z.B. Ägypter ist und meint, Araber, das sind die aus der Wüste der arab. Halbinsel; das kann schon sehr stimmungsabhängig sein.

Wenn es Kohle gibt von den Saudis, dann sind natürlich alle Araber; aber manchmal sind die Saudis auch nicht so gut angeschrieben und dann sind "die Araber" die anderen.

Anisah hat gesagt…

Was bin ich froh, dass meine schon groß sind und sie niemand mehr niedlich findet ;)

Lieselotte hat gesagt…

@ Kommentar 5:

Wenn dem so waere (feindseliger Mehrheitsgesellschaft entkommen > mehr Toleranz für anderer Leute Vorstellungen von Menschenrechten, Gleichberechtigung, Freiheit), waere Friede, Freude, Eierkuchen in Israel-Palaestina, und nicht nur dort...

"Ist nur so eine Hoffnung; kann natürlich auch schief gehen ..."

Darauf wollte ich hinaus. Eine Integrations- (oder sogar Assimilations)Garantie haben Sie nie. Da muss selbst bei Christen noch etwas mehr passieren.

"Wie sind anscheinend dem Untergang geweiht."

Quatsch.

Anonym hat gesagt…

"Eine Integrations- (oder sogar Assimilations) Garantie haben Sie nie."

Jeder normale Mensch aus der Dritten Welt, der zudem noch als Minderheit verfolgt wird, wäre heilfroh, wenn er sich nach Europa (Nord-, Mittel-, oder Westeuropa) in Sicherheit bringen könnte.

Um die Aufnahmegesellschaft zu verachten und übers Ohr zu hauen braucht, braucht er schon eine enorm trügerische, überhebliche und feindselige Ideologie.

Ob das Koptentum das hergibt, kann ich nicht sagen. Das Arabertum so allgemein ???

Meinen Sie, da sollte man ethnisch skeptisch sein, unabhängig von der Religion ?

Mit arabischen Atheisten sehe ich die besten Chancen.