Mittwoch, 26. Oktober 2011

Die Erste

Als ich vor Jahren die Grosse Synagoge in der Oranienburger Strasse in Berlin besuchte und spaeter meiner juedischen Freundin Linda erzaehlte, dass eine Rabbinerin uns durch die Raeumlichkeiten gefuehrt hatte, prustete sie erst einmal los. "Eine Rabbinerin", fragte sie unglaeubig, "wie soll das denn gehen?" Linda kommt aus einer konservativen juedischen Familie und unter vielen konservativen, erst recht orthodoxen, Juden ist stark umstritten, ob Frauen als Rabbiner ordiniert werden koennen.

Laut Reformjudentum geht das, die erste Rabbinerin weltweit wurde im Dezember 1935 in Berlin ordiniert. Die Naziherrschaft kam dazwischen, Regina Jonas wurde in Auschwitz ermordet, und die Welt vergass die erste Frau, die Rabbinerin gewesen war. So kam es, dass in den USA in den 1970ern die "zweite erste Frau" Rabbinerin wurde - der deutschen Vorgeschichte war man sich nicht bewusst. Eine Ausstellung, die von Dezember 2010 bis April dieses Jahres im der Neuen Synagoge angeschlossenen Centrum Judaicum zu sehen war, erinnerte an Regina Jonas. Gut besucht soll sie nun auf Englisch uebersetzt werden, um auch jenseits der Grenzen der deutschen Sprache an die weltweit erste Rabbinerin und die Diskussionen, die sie anstossen wollte, zu erinnern.

6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Bringen Sie diese Beispiele eigentlich, um von der frauenfeindlichen Ideologie, die Sie Religion nennen, abzulenken?

Lieselotte hat gesagt…

(1) ist das kein Beispiel sondern eine Geschichte. Ich bringe keine Beispiele, ich erzähle Geschichten.

(2) Klar finde ich frauenfeindliche Ideologien toll und tue alles, um davon abzulenken.

(3) Ist keine Religion, die ich kenne, per se frauenfeindlich. Es gibt jüdische, islamische, christliche (und bestimmt auch hinduistische usw.) Feministinnen. Was Sie nicht verstehen (wollen?), ist dass das, was Ihnen von Pierre Vogel und Co. präsentiert wird, nicht "der Islam" ist, sondern nur eine von vielen möglichen Spielarten.

Anonym hat gesagt…

"Ist keine Religion, die ich kenne, per se frauenfeindlich"

Aber die Reihenfolge der Geschlechtererschaffung ist schon verdächtig; ferner die Meidung des biologischen Geburtskanals durch Propheten ...

Klar gibt es überall Feministinnen, aber die leben halt auch - je wahrer die Religion sich empfindet - desto gefährlicher.

Und was die Vielzahl von Spielarten angeht, so trifft dies sicher zu; wird aber doch gerade von den Vertretern der Wackersten Spielarten geleugnt (dass es außer ihrer eigenen noch weitere legitime (!) Spielarten geben könnte).

Auch ist die "fitna" Stigmatisierung der Frau in, ich glaube der letzten Prophetenpredigt, nicht wirklich ermutigned.

Sicher, kann man sagen, auch säkulare Anthropologen bemerken bisweilen, dass sich die Kulturen im Kern nach ihren unterschiedlichen Paarungsgebräuchen unterscheiden würden und dann könnte man sagen: seht Ihr, der Islam sagt auch, dass der Hase da im Pfeffer liegt.

Aber ermutigend ist das doch alles nicht wirklich.

Und dann die Zeichen der jüngsten Tage; da ist auch der Troubel wieder bei den Frauen konzentriert.

Es ist alles so zum Kopfschütteln.

Annanymous hat gesagt…

Hm ... ich will dazu gar nicht viel sagen. Kann ich auch nicht. Was mich aber schon immer gewundert hat (neben den allgemein bekannten Erniedrigungen und Zurückstellungen der Frau in diversen Religionen), ist die Sache mit der Unreinheit der Frau während ihrer Menstruation. Dass sie in dieser Zeit nicht fasten darf, finde ich ja sogar noch gut. Aber die Begründung geht mir gegen den Strich. Wäre der Grund ein gesundheitlicher, wäre es ja sogar noch lobenswert. Aber: Ein Mensch kann nicht unrein sein! Zu keinem Zeitpunkt seinens Lebens!!! Das ist meine Überzeugung.

Iwe hat gesagt…

An dem Posting ist leider einiges etwas schief geraten. Das konservative Judentum, ein Zweig des liberalen Judentums, hat keine Probleme mit Frauen in Rabbinat. Die Hälfte der Studierenden an konservativen Ausbildungsstätten sind Frauen.

Regina Jonas wurde nicht in Berlin ordiniert. Sie arbeitete bis zu ihrer Deportation in verschiedenen Orten - auch in Berlin.

Auch auf Englisch gibt es inzwischen Literatur zu Regina Jonas.

Lieselotte hat gesagt…

@ Annanymous: Laut islamischer Lehre ist eine Frau während ihrer Periode nicht unrein. Dass das manche Muslime anders sehen, mag sein, das liegt dann aber an deren Unkenntnis über die Regeln ihrer eigenen Religion.

@ Iwe: Ich würde das konservative Judentum nicht als Teil der liberalen Strömung im Judentum bezeichnen. Ich denke, da passt die Dreiteilung in Orthodoxe, Progressive/Liberale/Reformierte (wie immer man sie nennen mag) und (als "Mittelding") Konservative besser. Natürlich könnten Sie auch einfach nur grob die Unterscheidung zwischen orthodoxen und nichtorthodoxen Juden vornehmen, aber selbst dann während meiner Einschätzung nach konservative und liberale Juden zwar in der gleichen (nicht-orthodoxen) Untergruppe, und nicht - wie Sie schreiben - das konservative Judnetum ein Zweig des liberalen Judentums.

Davon abgesehen habe ich nicht geschrieben, dass das konservative Judentum Probleme mit Frauen im Rabbinat hat, sondern dass das unter vielen konservativen Juden umstritten ist.

Laut dem Artikel, auf den ich verlinkt habe, wurde Regina Jonas an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums ordiniert. Die war in Berlin. Dass sie in Berlin anscheinend nie als Rabbinerin gearbeitet hat, ist eine andere Frage.

Und dass inzwischen auch Literatur auf Englisch zu finden ist, habe ich in meinem Artikel ja gar nicht beschrieben. Da ging es darum, dass damals Unwissen über die erste Frau, die Rabbinerin wurde, herrschte.