Montag, 22. August 2011

Rubina (02)


- 22. Ramadan -


Man sieht sie immer wieder in London, die Frauen mit Niqab. Vor allem natuerlich in den Stadtvierteln, in denen der Grossteil der Londoner Muslime lebt. Das ist vor allem im Osten, aber teilweise auch im Norden und Sueden der Stadt. Aber auch im Westen laufen einem immer wieder Frauen mit Gesichtschleier ueber den Weg - beim Shoppen auf der Einkaufsstrasse Oxford Street oder in einem der grossen Londoner Parks.

Mit Niqab in London unterwegs

Wie es fuer sie ist, mit Niqab in London unterwegs zu sein, frage ich meine Kommilitonin Rubina. "Oh", meint sie, "ich bin in Ostlondon gross geworden - von daher war das nie ein Problem". Ja, hat sie denn gar keine schlechten Erfahrungen gemacht? Kam nie ein bloeder Spruch? Schiefe Blicke? "Ja, Blicke vielleicht", sagt Rubina, "aber sonst?" Und dann faellt ihr doch ein, wie sie einmal auf der Strasse als "Briefkasten" beschimpft wurde. "Das war schlimm", meint sie - nicht so sehr wegen der Beleidigung, sondern, wie sie mit einem Laecheln hinzufuegt, weil sie so gerne etwas zurueckgerufen haette ("ist ja nicht so, dass ich dazu nichts zu sagen gehabt haette"), sich aber gleichzeitig an den islamischen Grundsatz, dass der Kluegere nachgibt, halten wollte.

Heiratsantrag per E-Mail

Vor anderthalb Jahren, mit 20, hat Rubina geheiratet. Ihren Mann hat sie in einem Kurs zu islamischem Recht kennen gelernt, an dem sie teilgenommen hat und den er unterrichtete. Sie hatte eine Frage, stellte sie ihm per E-Mail und sie schrieben sich eine Weile hin und her. Als das Ganze offizieller wurde, unterstuetzte ihre Familie sie sehr. "Mit seiner Mutter war das schon schwieriger", erklaert Rubina, "wir stammen zwar auch aus [Land in Suedasien], kommen aber aus einem anderen Teil des Landes - das wollte sie nicht". Nach einer Weile gab seine Mutter ihnen doch ihren Segen.

Kinder nicht vor 30

"Ich wollte eigentlich nie heiraten", sagt Rubina, "und Kinder kriegen erst recht nicht". Das will sie immer noch nicht. Jedenfalls nicht vor 30. Wenn sie ihr Studium hinter sich gebracht und ein paar Jahre studiert hat, dann - ja, vielleicht. "Und was sagt dein Mann dazu?", frage ich sie mit grossen Augen, weil ich mir nicht so Recht vorstellen kann, dass ein [suedasiatischer] religioeser Mann seines Alters (er ist jetzt 27) keine Kinder haben moechte. Rubina lacht: "Der hat nur gemeint: 'Gut Schatz, wenn du das willst, machen wir das so'".

Kulturelle Unterschiede

Zurzeit leben die beiden bei seiner Mutter. Das ist nicht leicht fuer Rubina, die sich nie haette denken koennen, bei ihrer Schwiegerfamilie zu leben, und die kulturellen Unterschiede sind beachtlich, aber so lange sowohl ihr Mann als auch sie noch Studenten sind, koennen sie sich eine eigene Wohnung nicht leisten. Wie Rubina hat auch ihr Mann erst spaeter mit seinem Studium der Medizin, das er zurzeit absolviert, begonnen. Vorher hat er islamische Theologie studiert, erst an einer englischen Schule, dann an der Al-Azhar in Kairo.

"Ich bin nicht extremistisch"

"Was mich am meisten stoert", sagt Rubina, "ist wenn die Leute denken, weil ich Niqab trage, bin ich Extremistin. Das ist nicht so. Ich bin nicht radikal, ich bin nicht extrem, ich bin keine Salafistin oder was-weiss-ich. Ich mache das, weil ich es moechte und weil es mir wichtig ist, aber nicht, weil ich extremistisch bin oder denke, dass alle, die kein Kopftuch oder keinen Niqab tragen, schlechte Menschen sind. Ich bin nicht extremistisch oder so."

17 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Taliban sind auch nicht extremistsich, niemand ist extremistisch.

Lieselotte hat gesagt…

Wenn jemand, so wie Rubina, Niqab aus freier Entscheidung trägt, ohne anderen dabei irgend etwas aufzwängen zu wollen, ohne andere als minderwertig oder ich-weiß-nicht-was darzustellen, dann ist der nicht extremistisch. Mit Taliban hat das nichts zu tun.

Anonym hat gesagt…

Was ist es nur, was uns alle so daran hindert, eine allgemeine Dresscode-Freigabe für überall zu vereinbaren ?

Hat es vielleicht damit zu tun, dass der Ruf nach Respekt vor kulturellen Identitäten (hilfsweise: religiösen Bekenntnissen) etwas einseitig erschallt, immer nur zugunsten von verlogenen Dritte-Welt-Prüderien und zu lasten des westlich-eleganten Spiels von Nähe und Distanz der Geschlechter ?

Im Westen verlangen die Rechtgläubigen Toleranz; bei sich daheim (inkl. in den westlichen Migrationsenklaven) bestehen sie jedoch auf Respekt.

Anonym hat gesagt…

Großbritannien ist ja auch auf dem absteigenden Ast, das weiss man nicht erst seit den Krawallen und man sieht es deutlich an so Leuten wie dieser Rubina.

Lieselotte hat gesagt…

"Rubina" spricht fliessend Englisch; weiss, sich adaequat auszudruecken; sie absolviert ein intensives Studium an einer der besten Unis im Lande; arbeitet in den Semesterferien; ihr Mann arbeitet und studiert ebenfalls; genauso wie ihre und seine Geschwister und Eltern. Ihre Eltern besitzen ein kleines Haus in Ostlondon und vermieten auch.

Aber klar, Grossbritannien ist auf dem absteigenden Ast und das sieht man deutlich an Leuten wie "Rubina"...

Anonym hat gesagt…

Und was trägt sie zur Gesellschaft bei? Außer deren Ressourcen (Uni) in Anspruch zu nehmen?

Eine Gesellschaft ist letztlich nicht mehr als eine große Familie. Manchmal mag man sich zwar nicht, aber man gehört doch irgendwie zusammen und arbeitet gemeinsam am Status quo. Und manchmal sogar an mehr.

Gut, da gibts dann noch den mißratenen Schwager Karl, über den man selten spricht und die Großtante Luisa, die sich entschlossen hat, ihre früheren Leben kontemplativ zu erleben, aber das erträgt man halt.

Wieviele Briten würden denn Rubina als Familienmitglied bezeichnen? Und ja, ich gehe davon aus, dass Sie es nicht wörtlich nehmen.

Hat ihre Rubina denn irgendwas mit normalen Briten zu tun? Außer mit denen, die konvertiert sind und denen, mit denen sie muss, wie beispielsweise ihrem Professor? Naja, und "Schwestern" wie Ihnen halt

Und lassen Sie mich raten, ihr Studienfach hat irgendetwas mit "Sozial" oder "Islam" im Namen. Ach, ist auch wurscht, arbeiten wird sie in dem Job ja ohnehin nie.

Es gibt den Begriff "Gesellschaftsvertrag". Es müssen sich nur genügend Leute nicht an diesen Vertrag halten oder der Überzeugung sein, es würden sich nicht genügend Leute an diesen Vertrag halten, dann wird er nichtig.

Das scheint in einigen Bereichen Londons ja der Fall zu sein. Wobei das sowohl das ganz Unten als auch das ganz Oben betrifft.

Wenn es nur noch Karls und Luisas gibt, ist das dann noch die Familie, der ich mich verpflichtet fühle?

Meinen Sie denn, Rubina trägt dazu bei, die britische Gesellschaft wirklich zusammenzuhalten? Das Maximale, was sie zu der Gesellschaft beiträgt, ist doch "Toleranz" einzufordern. Reicht das denn? Auf Dauer? Und bei einer Million Rubinas?

Lieselotte hat gesagt…

Sie, ihr Mann, ihre Eltern und Geschwister zahlen Steuern. Und halten sich an alle Gesetze und sind freundlich. Ob sie mehr tun, weiß ich nicht, mehr kann man aber rechtlich nicht verlangen. Weder von Leuten mit nem "Migrationshintergrund" noch von irgend jemand anderem.

Woher wollen Sie wissen, dass "Rubina" keine Nichtmuslimischen Freunde hat? Oder dass sie nie in ihrem Beruf arbeiten wird? Können Sie hellsehen? (Sie studiert Soziologie - nichts mit "Islam" oder "Sozial-" im Namen...)

Eine Millionen "Rubinas"??? Wie kommen Sie denn zu der Zahl?

Anonym hat gesagt…

Oh Gott, Soziologie, dass Sie das erwähnt haben ist in der Tat ein typisches Eigentor. Auf arbeitslos studieren, klasse.

Hat sie denn nichtmuslimische Freunde? Gut, manche Kommilitonin vielleicht. Deren Boyfriends auch? Und darf sie mit denen alleine im selben Raum sein? Da Sie sich ja selber totalverschleiert, zweifle ich mal an einem englischen Freundeskreis. Von einigen Hardcore-Berufsverstehern, die genau sowas suchen, mal abgesehen.

Eine Gesellschaft ist mehr als Steuern. Und Gesetze. Und ja, mehr kann man in der Tat als Staat nicht verlangen, ohne ins Faschistische abzugleiten.

Das regeln die Menschen dann schon selber, wenn es zuviel wird. Oder die Gesellschaft. Die zerbricht nämlich dann daran.

Nennen Sie doch mal eine Gesellschaft, die einen längeren Zeitraum in der von Ihnen gewollten Utopie verharrt hätte.

Anonym hat gesagt…

oh wie toll, zurüück zur ddr wo der staat bestimmt,was die leute studieren... anonym,sie sind wirklich undankbar, ohen dies emigrantenarbeitstiere hätte es das wirtschaftwunder nicht gegeben, die leute haben sich den körper kaputtgearbeitet, steuern und krankenkasse gezahlt,sind ignoriert,ausgegrenzt worden und sollen jetzt deutschland retten? ich bitte sie.


wie wäre es wenn sie anstelle hier so einen mist verzapfen, was für ihr land tun-und zwar keine spalterischen nazischeiß (rubina ist doch nur so unten durch, weil sie muslim ist,nicht) sondern was gutes. gehe sie in ein altenheim, bespaßen sie die leute. da sind sicher auch mehr mit ihrem geist zu finden.

Anonym hat gesagt…

"ohen dies emigrantenarbeitstiere hätte es das wirtschaftwunder nicht gegeben" Ja, die Ausländer haben Deutschland aufgebaut, nachdem die Deutschen alles kaputt gemacht haben. Erzählen Sie so etwas nur weiter !

Warum die Gastarbeiter nur ihre Kreativität und ihren immensen Arbeitsfleiß nicht auf die Entwicklung ihrer Herkunftsländer verwenden konnten ?

"oh wie toll, zurüück zur ddr wo der staat bestimmt,was die leute studieren"

Studieren Sie, was Sie wollen, aber verantworten Sie bitte auch selbst das Ergebnis und kommen Sie dann hinterher nicht mit dem Arbeitsmarkt anprotestiert.

"ignoriert,ausgegrenzt "

Es dreht sich alles nur noch um sie.

"spalterischen nazischeiß .... in ein altenheim, bespaßen sie die leute. da sind sicher auch mehr mit ihrem geist zu finden"

Wieso sind Sie, Ihre Eltern, oder Großeltern bitteschön in ein Naziland migiriert ? Kann es sein, dass das ein Fehler war ? Wenn wir uns darin einig werden könnten, wäre ich bereit, das als Allahs Rechtleitung anzusehen. Wäre das nicht ein deal ?

Anonym hat gesagt…

Eben beim Einkaufen: Frau mit Niqab und plärrendem Balg am Bein. Konsumistisch verzogen, nervt, zetert, die ganze kindesneurotische Tour.

Ist das göttliche Gerechtigkeit ?

Dagegen japanischer Kindergarten in der Straßenbahn, ruhig, achten aufeinander, helfen, wirken aufgeweckt, aber nicht aufgekratzt.

Hoffentlich sterben die Japaner nicht aus, bevor wir die richtig kennengelernt haben und begriffen haben, wie die das machen. Drakonische Repression, was man immer so dumm dahersagt, kanns nicht sein; die hat bei mir nämlich versagt, kann ich bezeugen.

Lieselotte hat gesagt…

Tja, und was, wenn die Frau unter dem Niqab Deutsche war? Ist dann auch die deutsche Kultur dran Schuld, dass ihr Kind im Supermarkt gerade da nen Tobsuchtsanfall hatte, als Sie vorbei kamen?

Anonym hat gesagt…

"Ist dann auch die deutsche Kultur dran Schuld, dass ihr Kind im Supermarkt gerade da nen Tobsuchtsanfall hatte "

Ja natürlich hat die deutsche, westliche, etc. Gesellschaft die Bedingungen gesetzt, unter denen Kinder speziell (konsum)verrückt werden können. Ich finde es nur beruhigend, dass solche Mißhelligkeiten auch unter, zumindest dem optischen Eindruck nach, frömmstmöglichen Verhältnissen auftreten. Es wäre verdammt schlimm (für die Unfrommen jetzt) wenn ausgerechnet die Frommen den Bogen raushätten.

Lieselotte hat gesagt…

Sie wissen doch gar, nicht ob es sich bei besagter Frau und Kind um Leute in "frommstmoeglichen" Verhaeltnissen handelt. Vielleicht waren die einfach nur konservativ. Vielleicht hat die Frau gar keine Lust auf Vollschleier tragen, sondern traegt es aus einem kulturellen oder sozialen Zwang raus.

Ein Schleier allein macht doch noch keine Aussage ueber die Religiositaet des Menschens dahinter.

und auch hier wieder: die gleiche Argumentation wie bei so manchem Moslem-Hardliner. "Kopftuch drauf, und fertig ist die fromme Muslima" - nee, so einfach ist es nicht.

Anonym hat gesagt…

"Vielleicht hat die Frau gar keine Lust auf Vollschleier tragen, sondern traegt es aus einem kulturellen oder sozialen Zwang raus."

Aber einem solchen Verdacht auch mal nachzugehen, ist islamophob, rassistisch, etc. Sie machen von der Möglichkeit, dass es sich um Unfreiwilligkeit handeln könnte, gebrauch, wenn es passt; aber ein anderer, der auf diese Möglichkeit rekurriert begegnet einer Phalanx aus 1,5 Mrd. Muslimen, die ihre Schwester beschützen; ok, 1,5 Mrd minus Ihrem kritischen Geist vielleicht.

Anonym hat gesagt…

Und "Kopftuch ab, und fertig ist der aufgeklärte Vernunftmensch" - so einfach ist es auch nicht.

Zu manchen Ansichten passt so eine Verkleidung schon.

Lieselotte hat gesagt…

@ vorletzter Kommentar:

Ist nicht rassistisch oder islamophob. Kommt nur drauf an, wie sie es formulieren. Ob Sie eine Frage stellen oder eine Vermutung aussprechen zum Beispiel - oder eben mal so über den Kopf der Frau hinweg erklären, weshalb sie Niqab trägt und dass das sowieso bei allen Muslimen ...

@ letzter Kommentar:

Ja, zu manchen. Aber nicht zu allen. Deshalb: genau hingucken und nicht einfach mal so mit nem doofen Spruch alle über einen Kamm scheren.