Samstag, 19. März 2011

Sarah

Terror am Gymnasium

Sarah
war zehn, als sie aufs Gymnasium kam. Am Anfang lief alles gut, aber dann kam schnell raus, dass sie es in ihrer Klasse mit einer Gruppe Vollchaoten zu tun hatte. Eine Handvoll vorpubertierender Schüler, die die anderen Kinder terrorisierten. Sarah hatte Pech, irgendwie kam es, dass sie eines der Angriffsziele wurde. Die Klassenlehrerin war überfordert und Sarahs Mutter wusste auch nicht so recht, was da zu tun sei. Schließlich entschied man sich für eine Lösung: den Schulwechsel.

Noch schlimmer auf den Gesamtschulen

Auf der neuen Schule, dem Gymnasialzweig einer Gesamtschule mit reformatorischem Konzept, war es noch schlimmer. Vier, fünf Schüler pro Klasse terrorisierten den Rest, die Lehrer mit einbegriffen. Sarah wollte da, verständlich, nicht mehr hin und fing das Schwänzen an. Damit konnte sie noch weniger auf die Unterstützung der Lehrer zählen. Sarahs Mutter rannte von Eltern- zu Elterngespräch, aber nichts tat sich. So ging das ein oder zwei Schulen weiter und schließlich hatte Sarah die neunte Klasse zweimal gemacht, aber würde wieder nicht versetzt werden. Das heißt: aus die Maus und ciaobella, nix da mit Hauptschulabschluss. Dreimal kann man eine Klasse nicht wiederholen.

Wende

Sarah hatte Glück. Sie hat im folgenden Jahr extern mit der Unterstützung einer Initiative zur beruflichen Qualifizierung von jungen Frauen den Hauptschulabschluss nachgeholt. Hatice, eine der Lehrerinnen, hat dabei eine ganz wesentliche Rolle gespielt, weil sie gesehen hat, dass da etwas in Sarah steckt, was sie viel weiter bringen kann, als zur Endstation abgebrochene Schulausbildung. Mit einem Einserzeugnis hat Sarah sich schließlich für die nächste Schulstufe beworben, die Mittlere Reige nachzuholen. Danach ging es weiter in Richtung Fachabi, das sie mit Anfang Zwanzig, endlich, in der Tasche hatte.

Ausbildung, Arbeit, Abschlussprüfung

Sie wohnte damals schon seit einiger Zeit nicht mehr zu Hause, sondern teilte sich eine Wohnung mit zwei Freunden, arbeitete abends in einem Restaurant, außerdem gab es ja noch Kindergeld und die Unterstützung durch ihre Eltern. Gleich nach dem Abi hat sie einen Ausbildungsplatz in einer Branche, in der es weit mehr Bewerbungen als freie Plätze gibt, bekommen. Auf der Arbeit kam sie so gut an, dass sie schon nach kurzer Zeit in Abwesenheit des Chefs den ganzen Laden schmiß. Sie verkürzte die Ausbildungszeit und bereitete sich extern auf die Abschlussprüfung vor, die sie wieder mit Bravour bestand.

Schwere Entscheidung

Da war sie dann Mitte Zwanzig, sie hat noch ein bisschen gearbeitet und auf einmal stellte sie fest, sie schwanger. Den Vater des Kindes kannte sie noch gar nicht so lange und ob sie das überhaupt wollte, ein Kind, da war sie sich gar nicht sicher. Sie hat tagelang geheult. Der Termin zur Abtreibung stand schon, aber dann hat sie sich letzten Endes doch dagegen und für das Kind entschieden. Mit dem Vater ist sie nicht mehr zusammen, aber die beiden wohnen in der gleichen Stadt, er war bei der Geburt dabei und sieht die Kleine regelmäßig.

Nicht leicht

Es ist schwer für Sarah, alleine mit dem Kind zu sein, sie war oft krank im ersten Jahr. Ohne ihre Familie und die vielen Freunde würde sie es nicht schaffen. Lieselotte würde gerne, dass sie mal eine Mutter-Kind-Kur beantragt, das bräuchte sie, aber Sarah scheut sich, die Beantragung ist so aufwendig. Dabei würde es ihr gut tun: Drei oder vier Wochen Alpenluft oder Meeresrauschen, professionelle Beratung, jemand, der ihr mal das Kind abnimmt.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sarah ist offenbar keine blonde Deutsche, da hat sie nichts zu befürchten.

Heutzutage passiert sowas:

http://www.tazeue .de/1/nord/kultur/artikel/1/trauma-schuetzt-vor-strafe/

Meine Frau hat tatsächlich zwei Tage lang geweint. Kam auch im 3. Programm.

Man fand es blöd, dass die Angeklagten mit ihren Handys gespielt haben, anstatt Reue zu zeigen.

Falls sie wieder in dieses Land zurückkommen: Suchen sie sich eine möglichst spiessige Gemeinde. Und sagen sie das auch Sarah.

Ziehen Sie in die Vorstädte.

In deutschen Großstädten ist der Kampf schon verloren.

Das Mädchen tut mir so leid. Mein Gott tut mir das Mädchen leid.

Lieselotte hat gesagt…

Sarah ist dunkelblond - zählt das?

Was den Artikel, zu dem Sie verlinken, angeht, verstehe ich den Zusammenhang nicht ganz. Was genau möchten Sie in Hinblick auf "Sarah"s Geschichte damit sagen?

Um welchen Kampf es Ihnen geht, blicke ich, ehrlich gesagt, auch nicht ganz.

Aber schön, dass Sie hier kommentieren, auch wenn es nicht wirklich was mit dem zu tun hat, dass ich schreibe...

Gruß
von der Lieselotte

Belladetta hat gesagt…

Mir kommt das alles sehr bekannt vor. Ich habe auch meine mittlerweile erwachsenen Kinder alleine großgezogen, gearbeitet und mein Studium abgeschlossen. Hielt man damals nicht für möglich und ein Studium sogar für unnötig. Die Zeiten haben sich geändert, und Sarah wird das schaffen, da habe ich keine Sorge.
Viele Grüße, auch an Sarah

Belladetta hat gesagt…

Nochwas:
Als meine Kinder klein und der Streß groß war, tröstete mich die Mutter einer Freundin mit den Worten "Die Zeit arbeitet für uns (Mütter), glaub' mir". Habe ich nie vergessen und heute kann ich sagen, sie hatte recht.

Anonym hat gesagt…

Vier bis fünf Vollchaoten pro Klasse; handelt es sich um Neonazis; um koksende Neureichenkids; um Protegees des Direktors, die Kinder des lokalen Spakassenbosses? Wie blöd sollen wir denn herumspekulieren, bis der heiße Brei kaltgeworden ist.

Kann es sein, dass der Verzehr von Schinkenbrötchen in Gegenwart der Vollchaoten wenig empfehlenswert ist?

Kann es sein dass sie Sarah für eine Jüdin gehalten haben? (Egal, ob sie eine war, bzw. ist oder nicht?) Kann es sein, dass die kujonierten Lehrkräfte von Toleranzempfindungen gehindert waren, sich disziplinarischer Maßnahmen zu besinnen?

Wie verblendet muss man sein, um die Inquisition nicht als katholisch zu bezeichnen, sondern darauf zu bestehen, die kulturelle Verbreitung des Keksverzehrs in Betracht zu ziehen, um eine ethnisierende Ettikettierung der Inquisition als katholisch zu vereiden.

Wie unendlich sorgfältig-blöd muss man sein, um KORREKT mitreden zu können.

Bitte sag, dass es Vietnamesen waren, Zigarettenmafia, Russen, Rumänen irgendwas, aber lass uns nicht so hängen.

Alle denken: Scheiße, das waren wieder Moslems, die arme Sarah; aber alle haben ANGST, während sie es denken, dass sie etwas FALSCHES sagen könnten.