Sonntag, 13. Februar 2011

Ein blonder Sayyid, ein englischer Shaykh, Facebook und der Prophet

Habib Allah - The Beloved of Allah
Shaykh Ahmed Saad / Shaykh Zahir Mahmood
London, 4. Februar 2011

Ein Vortrag über Habib Allah, den Propheten? Ich war etwas skeptisch. Nicht dass das Thema unwichtig wäre. Aber nach dem fünften Buch, dem siebten Vortrag dazu schien es mir eher unwahrscheinlich, noch viel Neues dazu zu lernen.

Meine Skepsis verstärkte sich, als ich mit dem Lieschen im Schlepptau, den Saal betrat und links die Frauen und rechts die Männer saßen. Hm. Ich setzte mich zu den Frauen; die Veranstaltung hatte schon begonnen, oben auf dem Podest saß einer und rezitierte sehr klangvoll aus dem Qur'an. Langsam trafen die beiden Referenten ein. Beide trugen sie lange, weite Gewänder in dunkelgrün, erdbraun, weiß, schwarz, dazu Turban und Vollbart. Sie wurden kurz vorgestellt von einem jungen Studenten, der zu seinem Minibart ein weißes Käppchen, langes dunkles Gewand und Turnschuhe trug. Auf Facebook habe er die beiden ausfindig gemacht, das sei ja heute alles viel einfacher als früher, subhanallah!

Einer der beiden Referenten
, ein blonder Sayyid aus Ägypten, der an der al-Azhar, in Deutschland und Kalifornien studiert hatte, sprach als erstes. Hörte sich alles ganz vernünftig an. Dann war der zweite dran. In Großbritannien geboren, hatte er an verschiedenen islamischen (Hoch)schulen in England, Pakistan und Südafrika studiert und schließlich noch einen Bachelor in Theologie von der Universität Birmingham drauf gesetzt.

Er hat ein paar richtig gute Anmerkungen gemacht:

Zum islamischen Staat: Jetzt, während es in Ägypten revolutioniert, würden viele ja wieder vom islamischen Staat sprechen, als wäre, wenn Ägypten ein islamischer Staat wäre, alles gut. Er halte nichts von einem solchen Schwarz-Weiß-Denken: "Vergesst nicht", meinte er, "ein islamischer Staat, der besteht auch nur aus mir und euch; ob und wie gut er ist, hängt von den Menschen ab, die in ihm leben".

Zur Pluralität der Meinungen im Islam: Die müsse akzeptiert werden. "It's just me and my boys - and everybody else goes to hell" wäre einfach nicht the way to go.

Zur Kategorisierung der Muslime in Praktizierende und Nicht-Praktizierende: "Mashaallah, er praktiziert den Islam!" - was heißt das überhaupt, "er praktiziert"? Man solle, so der Shaykh, viel öfter hinterfragen, wie man eigentlich spricht. Woran sieht man, dass jemand praktiziert? Am Bart? Daran, dass er manchmal betet? Am Kopftuch? (Hier hatte er wahrscheinlich die meisten Lacher auf seiner Seite - als er meinte: 'Vor allem, wenn es "upstairs hijab and downstairs Holly- or Bollywood' ist".)

Dazu, wie die Religion oft als Vorwand genommen wird: Wie kommt es, meinte er, dass so viele bereit sind, "für den Islam zu sterben", aber längst nicht so viele, im Einklang mit dem Islam zu leben?

Da stand er also, der Shaykh aus England, der in Südasien, Südafrika und Mittelengland studiert hatte, stand da in seinem traditionellen Gewand, mit Turban und Bart in dem großen, weiß gestrichenen Saal, unter ihm gewachstes Parkett, über ihm die Stuckdecke - und wenn das nicht Ost und West in bester Harmonie waren ... dann weiß ich auch nicht weiter.

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