Oder: 20 Jahre später
Vor ziemlich genau 20 Jahren passierte das, von dem wohl kaum einer in Bosnien damals geglaubt hatte, das es passieren würde: Kämpfe brachen aus. Der Krieg, der einige Monate zuvor in Slowenien und Kroatien ausgebrochen war, schaute nun auch in Bosnien vorbei. In Bosnien, das multikultureller als irgend eine andere der ehemaligen Republiken Jugoslawiens war und deshalb auch als "Jugoslawien im Kleinen" bekannt war.
Ein internationaler Krieg
Es folgten dreieinhalb Jahre Krieg, Vertreibung, Massaker, Folter, Vergewaltigung, Tod. In den Nachbarländern und vielen Staaten Westeuropas, Nordamerikas, selbst in Australien tauchten plötzlich Schutz suchende Bosnier (und Serben und Kroaten und so weiter) auf; der Krieg war, anders als viele "vergessene" Konflikte, über die kaum jemand berichtet, Dauerthema in vielen internationalen Medien, aber der Konflikt war auch deshalb international, weil Wiens Kroaten, Münchens Serben, griechische und islamistische Freiwillige zum Kämpfen auf den Balkan fuhren, mal kurz übers Wochenende oder für länger.
Krieg mitten in Europa
Aber auch vielen, die nicht ans Kämpfen dachten, war klar, dass der Krieg in Bosnien ein einschneidendes Erlebnis darstellte. Ein Krieg mitten in Europa, nur wenige Autostunden von Westeuropas Grpoßstädten entfernt. Ein Krieg gegen Europäer; ein Krieg, in dem sich Menschen, von denen viele vorher ähnlich wie viele Westeuropäer gelebt hatten, plötzlich einigen der schlimmsten Dinge, die Menschen Menschen antun können, gegenüber sahen.
Muslimische Perspektiven
Für viele, vor allem junge, Muslime in Europa sah es so aus, als würden in Bosnien Muslime, die blond und blauäugig, kaum praktizierend, auf "Westeuropäisch" also voll integriert waren, Opfer eines grausamen Kriegs, einer auf ethnischen Parametern beruhenden Vernichtungsstrategie werden. Dass das es ganz so einfach sicher auch nicht war, ist keine Frage - aber für viele damals sah es so aus. Wie sahen sie die Kriege auf dem Balkan damals, wie stehen sie dazu heute? Das Londoner muslimische Lifestyle-Magazin emel blickt zurück und interviewt vier britische Muslime, die meinen: Bosnia changed my life.
Donnerstag, 5. April 2012
"Bosnia changed my life"
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1 Kommentar:
"Der Krieg, der einige Monate zuvor in Slowenien und Kroatien ausgebrochen war, "
Schön, dass Ihnen das nicht entgangen ist.
Das universalisierbare Element des mörderischen kollektiv-identitären Wahns, der auf dem Balkan wieder losbrach, ist - für den einen ironisch, für die andere selbstredend - die Religion.
Westchristen halfen Kroaten, Ostchristen den Serben und Muslime "ihren" Bosnieren.
Durch die Religion(en)* fand der letzte Jugo-Trümmersplitter von "Brüderlichkeit und Einheit" zu internationaler Anhängerschaft.
*proselytierende, monothistische, um genau zu sein.
Hindus und Buddhisten mobilisieren wegen ihres Sri Lanka Konfliktes wenigstens keine größeren globalen Anhängerschaften gegeneinander.
Syrien könnte evtl. zum neuen Kreuz- und Halbmondzug-Mekka werden.
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