"(M)an (sollte) nicht jeden Konflikt, in dem Religion eine Rolle spielt, dann gleich als Glaubenskrieg darstellen, sondern man muss wirklich ausmachen, wo ist es die entscheidende, was ist letztlich das, was die Verfolgung ausmacht. Sind es ökologische Gründe, sind es soziale Gründe, sind es machtpolitische, wie sehr häufig? Immer wieder wird Religion eben instrumentalisiert, auch zur Verfolgung."
Samstag, 13. März 2010
Nicht immer die Religion
Eines interessantes Interview zur Frage, inwiefern es in als "religioes" bezeichneten Konflikt tatsaechlich um die Religion geht, findet sich auf den Internetseiten des Deutschlandfunks: Ulrich Delius von der Gesellschaft fuer bedrohte Voelker erlaeutert dort anhand von christlich-islamischen Auseinandersetzungen, dass viele vermeintliche Glaubenskriege in Wirklichkeit Kaempfe um viel profanere Dinge wie Macht oder Ressourcen sind:
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4 Kommentare:
Das ist eine uralte, bekannte Geschichte. Siehe dazu auch die Geschichte des sog. Relgionskrieges in Irland.
Ich frage mich, ohne das Interview gelesen zu haben, ob es denn überhaupt eine Rolle spielt, worum sich ein Konflikt letzten Endes überhaupt dreht. Tatsache ist doch meistens, dass es Täter & Opfer (auf beiden Seiten) gibt. Ob es nun um materielle Ressourcen, Land, Machtpositionen oder eben religiöse Ansichten geht ... Löst man den einen Konflikt, wird der nächste angezettelt. Man sollte sich nicht zu sehr in das Philosophieren über die Art der Diskriminierung oder eben Konfliktlösung hineinsteigern, und vielmehr an den Ursachen zu arbeiten versuchen. Es stellt nun Mal eine Art Grundbedürfnis der Menschen dar, sich von anderen Individuuen und Gruppen abzugrenzen. Denn nur über die Abgrenzung findet eine Person, das womit sie sich identifizieren kann. Findet sie nichts, wird auf Teufel komm raus etwas heraufbeschworen/gesucht. Welche Dimension für den Vergleich zwischen der eigenen und der fremden Gruppe herangezogen wird, ist dabei wirklich schnuppe - Glaube, Geschlecht, politische Macht ... je nach situativem Kontext bietet sich eine Dimension an. Immer möchte einer den anderen dominieren bzw. eine Gruppe eine andere als Outgroup ausgrenzen. Um an diese basalen Strukturen heranzukommen, muss man Alternativen bieten. Alternativen zum intergruppalen Konflikt. Z.B. Aufzeigen von Gemeinsamkeiten und dabei aber Unterschiede herausstellen, die ermöglichen, dass ein jedes Individuum sich selbst definieren kann und verschiedene Gruppen (je nach Kontext) als Referenz für die eigene Identität heranziehen kann. Eine gesunde Mischung, die keine Möglichkeit zum großen Konflikt bietet.
Beispielsweise: Die Frauen und Die Männer und Die Muslime und die Christen. Bilden Die Frauen eine Allianz, stehen sie den Männern gegenüber. Die Religion sollte in diesem Fall nebensächlich sein. Um aber diese Art der Gruppierung möglich zu machen, bedarf es eben des Außerachtlassens der Religion. Voraussetzung wäre die Akzeptanz dieses in den Hintergrund-Tretens eines großen Aspekts der eigenen Persönlichkeit.
Kurz: Es bringt uns nicht weiter, darauf herumzureiten, dass ein Konflikt religiöser Natur oder ethnischen Ursprungs ist ... irgendeinen Aufhänger braucht ein Konflikt nun mal eben!
Um ihn zu lösen, muss man nicht versuchen die Religionen der Religion wegen zu versöhnen, sondern andere Wege zu beschreiten und den Leuten klarzumachen, dass es eben nicht um die Sache an sich geht, sonder sie auf den "billigen Trick der menschlichen Psyche/Natur" hereinfallen wenn sie sich in solchen Konflikten engagieren :-D
Liebe/r Anonym,
ich bin mir nicht sicher, verstanden zu haben, was du meinst. Einerseits schreibst du, es spiele keine Rolle, worum sich ein Konflikt letzten Endes dreht, andererseits willst du dann doch nach den Ursachen schauen. Das ist doch ein und das selbe!
In jedem Fall wirst du, wenn du einen Konflikt lösen willst, nicht darum herum kommen, zu schauen, worum es sich darin letztendlich dreht, eben weil du daran dein weiteres Vorgehen als Konfliktbearbeiter ausrichten wirst. Wenn Nigerianer Nigerianer abschlachten, weil die einen Muslime und die anderen Christen sind und du das als Außenstehender verhindern möchtest, erfordert das - sofern dir an einer nachhaltigen Befriedung des Konflikts gelegen ist - eine andere Vorgehensweise als wenn es in dem Konflikt gar nict um religiöse Differenzen, sondern vielleicht um politische Machtfragen oder wirtschaftliche Konkurrenz geht. Du würdest je nachdem in der Konfliktbearbeitung einfach an einer anderen Stelle ansetzen. Ohne das nötige Hintergrundwissen wird das nichts.
Die Aussage, dass auf die Lösung des einen Konflikts die Anzettelung des nächsten folgt, wirkt auf mich ein bisschen sehr fatalistisch. An welchen Konflikt genau hattest du dabei denn gedacht?
Ansonsten ging es mir auch nicht darum, zu sagen, man müsse "die Religionen der Religion wegen versöhnen" - sondern darum, darauf hinzuweisen, dass es in vermeintlich religiösen Konflikten oft um etwas ganz anderes geht (cf. Nahostkonflikt, Nordirlandkonflikt, etc pp).
"wenn du einen Konflikt lösen willst, nicht darum herum kommen, zu schauen, worum es sich darin letztendlich dreht"
das ist zu allgemein; (es geht immer um Macht, Kontrolle, Geld, Ressourcen) ausschlaggebend ist, was zur Mobilisierung funktioniert.
Ist es Vodoo, Neid, Rache, Beute, ODER:
"Immer wieder wird Religion eben instrumentalisiert"
Das reicht mir für eine Verurteilung des Beschuldigten. Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.
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