Freitag, 19. März 2010

Vier Jahre

Heute ist der 19. Maerz und Murat Kurnaz wird 28 Jahre alt. Er ist damit nur unwesentlich aelter als ich.

Murat Kurnaz, erinnert ihr euch? Das war der, der mal so aussah wie die Jungs hier bei uns um die Ecke, dann fuer ueber vier Jahre in einem US-amerikanischen Terroristencamp verschwand, mit diesem riesen Taliban-Bart wiederkam; der Bart ist in der Zwischenzeit weg, aber wie vorher sieht der Mann, der ihn trug, trotzdem nicht mehr aus. Murat Kurnaz, das ist der, der auszog, um ueber den Islam zu lernen, von Pakistanis an die US-Armee verkauft und nach Guantanamo geschickt wurde. Ueber 4 Jahre Folter, Isolationshaft, Misshandlung. Er wurde festgenommen, kurz bevor ich Abi gemacht habe und wieder freigelassen, als ich mit dem Studium fast fertig war. Ob er in der Haft tatsaechlich von deutschen KSK-Kraeften, die ihn zum Verhoer besuchten, misshandelt wurde, wie er es angab, ist ungeklaert, dass seine Unschuld sowohl deutschen als auch US-amerikanischen Stellen schon 2002 bekannt und er trotzdem weiter festgehalten wurde, ist erwiesen. Ueber vier Jahre ohne Anklage, ohne Prozess, ohne Rechtsbeistand. 2002 haetten die Amerikaner ihn laufen lassen, wenn Deutschland sich zur Aufnahme bereit erklaert hatte. Deutschland wollte nicht.

Frank-Walter Steinmeiner stand deswegen vor einem Untersuchungsausschuss und hat es geschafft, sich rauszureden. Das ist jetzt schon eine Weile her, und man hoert selten noch etwas von Murat Kurnaz, dabei lebt er in Bremen, in Deutschland, wie einer von uns - bloss, dass ihm vier Jahre fehlen.

Vier Jahre sind es. Vier Jahre hat er zu wenig, vier Jahre zu viel.

2 Kommentare:

Zelina hat gesagt…

Ich persönlich finde Folter extrem schlimm und durch nichts zu rechtfertigen. Allerdings denke ich sind da weniger die Folterer strafrechtlich zu belangen sondern eher die Menschen die das anordnen. Ich habe mich etwas mit dem Milgram Experiment beschäftigt und da kommt ganz klar zum Ausdruck, wie die Menschen manipuliert werden. Gut ich bin erst am Anfang meiner Psychologie Studien, aber die Ergebnisse des Milgram Expirements sprechen einfach für sich.

Lieselotte hat gesagt…

Hm, Milgram kenne ich und ich habe z.B. auch bei Slavenka Drakulic Ähnliches gelesen (sie geht in "They would never hurt a fly" der Frage nach, wie es zu den Gewaltexzessen während des Bosnienkrieges kommen konnte - und kommt zu ähnlichem Ergebnis). Dennoch: ohne Folterer gäbe es keine Folter, strafrechtlich muss also auch der, der nur ausführt, zu belangen sein (der, der Folter anordnet ja sowieso).