Freitag, 12. März 2010

Geld vom Amt

Lieselotte hat eine Schwester, das ist die Hannelore. Hannelore ist so ungefähr Mitte 20, sie hat eine Ausbildung als Veranstaltungskauffrau absolviert und danach keine feste Stelle gefunden. Seitdem bekommt sie Geld vom Amt und nachdem sie nun ein Kind erwartet, ist klar, dass es noch ein Weilchen dauern wird, bis sie wieder selbst für ihre Ausgaben aufkommen werden kann.

Hannelore geht nun also regelmäßig aufs Amt und ein bisschen unangenehm ist es ihr, sie hat nämlich Abi, eine abgeschlossene Ausbildung, spricht zwei Fremdsprachen, spielt Theater und liest regelmäßig den SPIEGEL, und das Bild, das sie von sich hat, stimmt nicht wirklich mit dem Bild vom Hartz IV-Empfänger, das so mancher hier zu haben scheint, überein. Andererseits weiß sie, dass es ihr Recht in diesem Land ist, in der Situation, in der sie sich befindet, grundlegend versorgt zu werden.

Was aber ist dann mit Sachbearbeitern, die einen behandeln, als täten sie einem persönlich einen Gefallen, nur weil sie ihre Arbeit erledigen? Die Druck ausüben und sich querstellen? Was ist mit dem Vermittler einer besichtigten Wohnung, der - auf die klaffenden Löcher in der Kachelwand der Küche hingewiesen - meint, jetzt stelle sie aber ganz schön hohe Ansprüche, sie wisse doch, dass es sich hier um eine Sozialwohnung handele? Und was ist mit einem Vizekanzler, der von anstrengungslosem Wohlstand, Dekadenz und Sozialismus spricht und den Leistungsgedanken bedroht sieht (wie jetzt, bei uns? In dieser Gesellschaft, wo Grundschüler Schulstress haben, Gymnasiasten sich wegen schlechter Noten mit Versagensängsten plagen und Studenten nervös werden, nur weil sie nicht in der Regelstudienzeit minus vier Semester abschließen?!)? Wieviele Hartz IV-Empfänger kennt der Mann persönlich? Weiß der, von was er spricht?

Hannelore kriegt Geld vom Amt, vielleicht noch ein Jahr lang, anderthalb Jahre oder auch zwei. Bis dahin schlägt sie sich weiter mit Sachbearbeitern, Fristen, Anträgen, Bewilligungen und was es da sonst noch alles gibt, herum. Davon, wie man auf diesem Amt oft behandelt wird, lässt sie sich nicht entmutigen, weil sie weiß, dass es weiter geht und ihre Zeit dort nur begrenzt ist: Sie hat eine Perspektive. Was aber ist mit denen, die diese nicht haben? Die wenig Geld haben, kaum eine Aussicht auf Veränderung und auf denen dann noch ein Herr Westerwelle verbal herumtrampeln darf? Wie kann es sein, dass jemand sein Recht in Anspruch nimmt und sich dafür dann von den eigenen Politikern - und nicht nur denen - beschimpfen lassen darf?

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