Wolfgang Koydl: Fish and Fritz. Als Deutscher auf der Insel. Berlin: Ullstein, 2009.
In Vorbereitung eines bevorstehenden Auslandsaufenthalts las ich kuerzlich Fish and Fritz von Wolfgang Koydl, der darin von seinem Alltag als Auslandskorrespondent fuer die Sueddeutsche in London berichtet. En passant und in einem sehr kurzweiligen Schreibstil deckt er dabei eine ganze Reihe von Themen ab, die hier und da in kleinen Anekdoten und Alltagsberichten auftauchen. Unterschiede zwischen Ober-, Mittel- und Unterschicht, englische Kueche und Esskultur, welcher Leser auf der Insel hinter welcher Zeitung zu vermuten ist, die Institution des five o'clock tea, Londoner Stadtplanung, die sprichwoertliche britische Hoeflichkeit, das Bild des Deutschen, beliebte Ferienorte, den beruehmten Sinn fuer Humor - zu alldem hat der Autor etwas zu sagen.
Dabei geht er auch auf regionale Unterschiede innerhalb des Koenigreiches ein und kann, weil er bereits in den 1970ern in London lebte, auch Aussagen ueber Veraenderungen in den letzten Jahrzehnten machen. Da seine Frau in der Sowjetunion gross geworden ist und die letzte Auslandsstation der Familie die USA waren, ist es auch nicht einfach nur eine deutsche Sicht auf Grossbritannien, die Wolfgang Koydl liefert, sondern es fliessen noch eine ganze Menge anderer kultureller Vergleichsgroessen mit in seine Erzaehlungen hinein.
Den roten Faden stellen dabei seine Versuche dar, mit der Queen, fuer die er schon einmal einen Nachruf schreiben soll, Kontakt aufzunehmen. Das staendige Zurueckkommen auf diesen Handlungsrahmen wirkt jedoch schon bald etwas sehr konstruiert. Dass der Autor sich bei dem Versuch, witzig oder kreativ oder wie-eigentlich-bitteschoen zu klingen, bei der Formulierung seiner Saetze teilweise etwas sehr aus dem Fenster lehnt, ist schade. Einen Satzbeginn wie„Die dreistöckige Fassade, die in einem Farbton gehalten war, der an erbrochene Pommes mit Lagerbier erinnerte …“ braucht schliesslich kein Mensch, und Stellen, an denen man beim Lesen laut auflacht, gaebe es auch so genug - nur eben, wie es auch sein sollte, wegen des Inhalts und nicht aufgrund der ungeglueckten Formulierung.
Letztendlich fehlt mir in dem Buch der Hinweis darauf, dass Grossbritannien laengst nicht mehr nur fish and chips und five o'clock tea ist, sondern inzwischen auch kebab, kofta und Kalamaris ihren festen Platz auf der Insel haben.
Dienstag, 16. März 2010
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3 Kommentare:
Auja, klingt gut, werd ich auch lesen!
Ein super Buch! Nur am Ende hat man echt genug von der Queen und dem ihr zu widmenden Nachruf! Hahaha ... Ich habe das Buch während eines 3-monatigen Aufenthalts auf der Insel gelesen und musste oft feststellen, dass ich ähnliche Situationen wieder Autor erleben konnte! Manchmal nachdem er über irgend etwas berichtet hatte, manchmal aber auch vor der Lektüre des betreffenden Abschnitts im Buch ;-) Aber natürlich gibt das Buch nur einen Einblick. Koydl deckt eben nur einen bestimmten Gesellschaftsbereich ab. Dass er nicht über Kebab & Co. schreibt liegt sicherlich daran, dass er das entweder für zu normal hält - er ist schließlich multi-kulit aus den USA gewöhnt, oder er isst eben in der Regel zu Hause Borschtsch und Weißwurscht ;-)
Hm, ich glaube auch, dass der Herr (als Auslandskorrespondent) einfach in bestimmten Kreisen weniger oft verkehrt... Vom jungen, hippen London (Mode, Musik, usw.) hat er mir auch etwas zu wenig geschrieben, aber da handelt es sich wohl auch weniger um Orte, an denen man sich in seinem Alter für gewöhnlich aufhält.
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