Donnerstag, 31. Mai 2012

Wie Wolken


 Bild: GIg

 "The days of life pass away like clouds, so do good while you are alive."

Mittwoch, 30. Mai 2012

Amadou

Oder: Wieder zurück

Amadou traf ich an einem heißen (ja, kaum zu glauben, London kann auch Sommer) Nachmittag im Mai im Park. Das Lieschen lief gerade von der Wippe zum Klettergerüst und er stand an der Schaukel, in der einer seiner beiden Söhne saß. Ob das Deutsch sei, dass ich da mit dem Lieschen spreche. Er spreche auch Deutsch (aha...), habe in Deutschland studiert, in Heidelberg (ach, wirklich?). So kamen wir ins Gespräch.

Westafrika - Heidelberg - London

Und so erfuhr ich, neben den Schaukeln auf dem Spielplatz im Park stehend, dass Amadou aus Westafrika kommt - stimmt, da hörte ich auch an den leichten französischen Akzent, der sein Englisch färbte. Zum Studium sei er nach Heidelberg gegangen, und bald danach nach London. Mit seiner Frau, einer Deutschen, hat er zwei kleine Söhne: Mahjou ist dreieinhalb und Malik anderthalb.

"Die Lebensqualität in England ist einfach nichts"

Als er hört, aus welcher Stadt in Deutschland wir kommen, wird er hellhörig. "Oh, wirklich?" Da sei er auch oft, beruflich, seine Firma schicke ihn immer wieder dorthin. Sie überlegten jetzt, dauerhaft überzusiedeln. "Die Lebensqualität in England ist einfach nichts", sagt er, und ich kann nur kräftig nicken. "Und erst das Schulsystem - eine Katastrophe. Das will ich nicht, dass meine Jungs es durchmachen. Da gehen wir lieber nach Deutschland."


Wieder zurück nach Deutschland

Die Kinder wachsen zweisprachig auf, und auch Amadou spricht Deutsch. [Die Stadt, aus der ich komme] ist zwar längst nicht so multikulti wie London, aber bestimmt gibt es dort auch eine Nische für Leute wie Amadou und seine Familie, die wieder zurück gehen von der Insel nach Deutschland, weil manches eben doch besser ist, auf dem Kontinent.

Montag, 28. Mai 2012

Over the Wall


"‘There,’ points Grandma.
She had a tent that was a home.
She had a goat and a camel.
She had a rake and a fork and a trowel.
She had a machete and a watering can.
She had a grove and two hundred plants.
She had a child and another one and another one.

‘There,’ she insists.
I could not see
Because of the wall.
I could not hear
Because of the noise.
I could not smell
Because of the powder.

But I can always tell,
I am sure of Grandma
Who always was
And is still
And will always be.
She smells like soil.
And smiles like soil.
And blinks like soil
When touched by rain.

She has a house that is a tent
She has a key
And a memory.
She has a hope
And two hundred offspring.

Grandma is here
But lives there.
‘Over there!’"

Refaat Alareer

Sonntag, 27. Mai 2012

Fastfood auf indisch

2406 South Barrington Avenue
Los Angeles, CA 90064

Ein Tag am Strand macht Hunger und so landeten wir nach unserem Ausflug nach Santa Monica in Chutney's Indian Fast Food. Lieschens Grandpa kennt den Besitzer, und während wir uns an einem der Tische ausbreiteten, bestellte er - mal wieder - eine Menge Essen. Eindeutig am Besten war der Kabab, mit Naan und Salat mit Gurken, Tomaten und Zwiebeln serviert, yummy! So richtig indisch war das Essen nicht, eher dem amerikanischen Geschmack angepasst, aber für den Kabab hat sich der Besuch trotzdem gelohnt. Ansonsten - bitte keinen hohen Standard erwarten, ist halt ein Fast Food-Bistro, und am Essen, das auf weißen Plastiktellern kommt, sollte man sich nicht stören.

Samstag, 26. Mai 2012

Santa Monica


Und dann waren wir am Strand von Santa Monica. Meer und Strand waren genauso gut wie in Newport Beach (naja, Wasser und Sand halt), aber ansonsten konnte Santa Monica mit Newport Beach nicht mithalten. Der Pier hier war nicht halb so schön wie der in Newport Beach, dass ein kleiner Vergnügungspark auf dem vorderen Teil des Piers aufgebaut war (mit Achterbahn und Riesenrad), machte das Ganze nicht besser; zudem wimmelte es nur so vor Touristen. Ich habe zum ersten Mal seit Wochen (außer mir selbst) wieder jemanden Deutsch sprechen gehört - komisch war das.

Anders als in Newport Beach waren es auch keine kleinen Häuschen, die bis an den Strand gebaut waren, sondern nach dem Ende des Strandes kamen Parkplätze, dann die Steilküste und darüber die Stadt, Hochhäuser und stark befahrene Straßen. Das Lieschen freute sich trotzdem, im Sand und mit den Wellen spielen zu können und dass es anschließend ungefähr zehn verschiedene Babykarussells und Schaukelpferde ausprobieren durfte (thank you, Grandma) fand es natürlich auch toll. Trotzdem: nächstes Mal doch lieber wieder nach Newport Beach.

Freitag, 25. Mai 2012

Dinosaurierdilemma


Lieschen: "Ich bin ein Dinosaurier! Ich fresse dich!!"
Mama: "Du willst mich fressen?"
Lieschen (plötzlich mit Tränen in den Augen): "Aber dann hab ich keine Mama mehr..."

Tja. Hat keiner gesagt, dass es leicht ist, das Leben als Dinosaurier(baby)...

Donnerstag, 24. Mai 2012

Eis auf taiwanesisch

Class 302
Taiwanese Cuisine
18090 Culver Drive
Irvine, CA 92612

Schon mal taiwanesisches Eis probiert? Nein? Dann würde sich vielleicht ein Besuch im Class 302 in Irvine lohnen. Das Bistro selbst ist winzig, es besteht nur aus einem Raum - man kann aber auch draußen sitzen. Als Mobiliar dienen alte taiwanesische Schulbänke und -tische aus Holz. An einer Wand hängt eine riesige Tafel mit chinesischen Schriftzeichen und unter manchen der Schulbänken liegen alte taiwanesische Schulbücher (Mensch, war das Lieschen enttäuscht, als es herausbekam, dass keiner ihm die Hefte vorlesen konnte). 

Allein unter Taiwanesen

Das Personal bestand aus jungen Mädchen, in schwarzen Miniröcken und Kniestrümpfen und dunkelgrünen Kitteln (und das hört sich jetzt anzüglicher an, als es tatsächlich war). Auch die Klientel würde gut in eine taiwanesische Highschool (oder so wie ich sie mir vorstelle) passen: Es wimmelte nur so vor asiatischen Jugendlichen und jungen Leuten - aber auch ein paar ältere Leute waren da, und draußen auch Kinder. Wir waren weit und breit die einzigen Gäste, die nicht aus Fernasien kamen. 

Eis mit Fruchtstücken und dazu Mangoshake

Die Spezialität des Cafés ist shaved icecream, das in einer riesigen Schale mit kleingeschnittenen Fruchtstücken überhäuft serviert wird - genug für zwei bis drei Personen. Wir bestellten gleich zwei Sorten, einmal weißes Eis mit Mangostücken und dann Mangoeis mit Mangostücken. Das Mangoeis war definitiv besser, wobei beide Eissorten seltsam nach ... nichts? schmeckten. Richtig gut war hingegen der Mangoshake, den Lieschens Grandma sich bestellte.


Moslems, habt Acht!


Vorsicht bei dem richtigen Essen: Die gebackenen Shrimps waren zwar köstlich, aber in den Nudeln, die Alimustafas Bruder sich bestellt hatte, fand sich plötzlich Schweinefleisch - und das, obwohl auf der Karte davon keine Rede gewesen war. 

Für alle, die noch mehr wissen wollen: Zwei Online-Rezensionen, mit Bildern, zu Class 302 finden sich auf OC Weekly und Wandering Chopsticks.
 

Mittwoch, 23. Mai 2012

Pizza auf muslimisch

1001 North Euclid Street
Anaheim, CA 92801

Pizza Margarita, Pizza Funghi, Pizza mit Scampi und Spinat - ich brauche wirklich kein Fleisch, um eine Pizza genießen zu können. Eine halal Pizzeria ist trotzdem eine tolle Sache - weil man eben doch mal eine Pizza mit Fleisch essen kann, und sich auch keine Sorgen machen muss, ob da nicht doch ein Stückchen Salami...

Für alle Extremmuslimisten in Los Angeles und Umgebung ist San Giovanni's in Anaheim eine Option, mal wieder an eine schöne meat pizza zu kommen. Wir haben eine family size-Pizza mit so ziemlich allem, was das Herz begehrt, von unterwegs bestellt und zum Mitnehmen abgeholt - war nicht bombastisch, aber doch gut genug, um wiederzukommen.

Montag, 21. Mai 2012

Surfer, Seeroben, Sonnenuntergang

Oder: Ein Abend in Newport Beach

Das Auto parkten wir nicht weit vom Strand in einer Gegend, in der sich ein kleines Haus an das nächste reihte. Ebenerdig oder höchstens einstöckig hatten die Häuser einen winzige Vorgärten, in denen einer Regel gleich in jedem eine Bank oder Sitzgruppe mit einem Tisch, manchmal einem Sonnenschirm stand. Wenn man dort saß, saß man eigentlich auf der Straße. Die meisten der Häuser wurden an zahlende Gäste vermietet. Das Meer roch man erst, Salz und Sand, und dann lag es da auf einmal vor einem. Die kleinen Häuschen waren wirklich bis direkt an den Strand gebaut. Ein asphaltierter Weg, und dann war da schon der Sand, mehrere dutzende Meter Sand, und dann das Meer.

Surfer und ein verzweifelter Glaubender

Wir liefen Richtung Pier. Vier in Neoprenanzüge gepackte Surfer liefen laut lachend an uns vorbei, und kurz vor dem Pier stand ein Mann, der den vorbeigehenden Passanten inbrüstig verkündete, dass Gott seinen Sohn Jesus gesandt hätte und man kehrt machen und die Sünde ablegen solle, weil es sonst zu spät war. Unwillkürlich mussten wir lachen, aber mir tat der Mann auch Leid, ob der Sinnlosigkeit seiner Mühe - wer kümmerte sich von den Menschen hier schon um so einen und sein Anliegen?

Nicht sein Geschrei, dass die Menschen zu Gläubigen machen

Die Verzweiflung, die er zur Schau trug, konnte ich ja sogar verstehen: Wenn man wirklich glaubt, felsenfest davon überzeugt ist, dass alle Taten, Worte und Gedanken jedes Menschen vor Gott zählen und man sieht, wie viele sich nicht darum kümmern, was später kommt; vielleicht noch nicht einmal daran glauben, dass da überhaupt noch etwas kommt; kann man schon so inbrünstig wie dieser Mensch daran glauben, die Menschheit retten zu müssen. Was er vergaß, ist, dass er die Wahrheit nicht kennt; dass er nicht weiß, was Gott von wem annehmen wird; dass es nicht sein Geschrei ist, dass die Menschen zu Gläubigen machen wird; dass er doch gar keinen Schimmer hat, ob welche von denen, die er da anschreit, Gott nicht viel näher sind als er; dass anstatt vielen (dazu noch herausgeschrieenen) Worten manchmal beispielhafte Taten viel effektiver sind.

Seerobben und Angler auf dem Pier

Wir liefen an dem Mann vorbei zum Pier; Alimustafa packte seine Angeln aus, fing an, Würmer auf Haken zu spießen und dem Lieschen zu zeigen, wie man fischt. Viele Leute waren zum Angeln hierher gekommen, viele Latinos, Männer, aber auch Familien. Wir sahen vom Pier aufs Meer und plötzlich - was war das? - schoß da etwas grauglänzendes aus dem Wasser - ein Delphin?! Seerobben waren es, die so nah an den Pier gekommen waren, dass man ihre graue Haut im Sonnenlicht blitzen sah.

Unerwartet südasiatisch

Eine südasiatische Familie kam an uns vorbei und war ganz angetan vom Lieschen - und mindestens im gleichen Maße geschockt, als Alimustafas Bruder - mit gefärbten Haaren, einem trendigen T-Shirt und den ein kleines bisschen zu tief sitzenden Jeans - ihnen auf ihrer Landessprache antwortete. Er lachte: "Südasiaten erwarten nie, dass ich ihre Sprache spreche, die können sich nicht vorstellen, dass einer von ihnen so aussieht..."

Weißer Vollmond und Sonnenuntergang

Links von uns stand groß, rund und weiß der Mond, Vollmond war es; und rechts ging, fast genau so groß, in einem strahlenden Rotorange, die Sonne über einem aus dem Wasser ragenden Hügel unter. Alimustafas Bruder riet uns davon ab, am Strand zu beten, das sei nicht sicher, seit 9/11 hätte er hier einige weniger schöne Erfahrungen gemacht. Seitdem betete er, wenn er hierher kam, in einer Seitenstraße, fernab von den Menschen, wo keiner ihn sah.

Gebackener Jalapeno-Käse - ja, bitte!

Auf dem Rückweg deckten wir uns mit Kaffee, Croissants, Pommes und in Fett gebackenem Käse (herrlich! der mit Jalapenos ist angenehm scharf) ein und sahen dann Lieschen und Daddy noch eine Weile beim Fischen zu. Bis es kalt wurde, wir uns zum Auto aufmachten und wieder nach Hause brausten.

Sonntag, 20. Mai 2012

Nicht weit von Hollywood

Lieschens Grandma hat eine Freundin hier in Kalifornien, die sie noch aus ihrer Schulzeit in [Land in Südasien] kennt. Tasneem hat ihre Studien zu Ende gebracht, einen Abschluss in Medizin erlangt und ist nach ihrer Hochzeit nach LA gezogen. Dort arbeitet sie bis heute als praktizierende Ärztin. Ihr Mann ist ausgebildeter Ingenieur, hat sich aber als Händler selbstständig gemacht. Die beiden haben zwei Söhne.

The Valley bei Hollywood

Die Familie wohnt in dem Teil Los Angeles', der von den Einheimischen nur the Valley genannt wird. Hollywood ist nicht weit von hier, und tatsächlich strahlen uns auf dem Weg zum Haus der Familie die berühmten neun weißen Großbuchstaben von einem der mit Grün bewachsenen Hügel entgegen.

Pseudo-Barock in Pastellfarben

Das Haus der Familie liegt, wie so viele der frei stehenden Wohnhäuser hier, an einem Hügel. Durch die mit Stein ausgelegte Eingangshalle werden wir in den Empfangsraum geführt. Eine ganze Reihe an Sofas und Sesseln, alle im selben grauenhaften Pseudo-Barockstil in Pastellfarben gehalten. Ebenso pompös: der Teppich, die Vorhänge, die Glasvitrinen, in denen aufdringlich hässliche Kelche aus buntem, mit Goldrändern versetztem Glas und andere Grässlichkeiten hergezeigt werden. An einem Ende des Zimmers ist ein Kamin in die Wand eingelassen.

Rosa Hemd, beiger Shalwaar Kameez

Der Empfangsraum geht in das Esszimmer über, auf der anderen Seite des Hauses gibt es auch noch ein "normales" Wohnzimmer. Unsere Gastgeber sind herzensgute Menschen. Tasneems Mann habe ich gleich ins Herz geschlossen, sein offenes, freundliches Gesicht mit dem großen Lächeln und langen Bart muss man einfach gern haben. Er trägt ein langes südasiatisches Gewand in einem kräftigen Rosa über einer weiten, weißen Hose. Seine Frau hat einen gebügelt und gestärken Shalwar Kameez in hellblau und beige angelegt, die akkurate Kurzhaarfrisur lässt sie selbstbewusst, fast sogar ein bisschen unnahbar, wirken.

Erbsen in Spinat, Dal, Lamm, Rind, Reis, Naan, Salat

Nach dem allgemeinen "Und wie geht es euch, und wie geht es uns" - ein weiteres befreundetes Paar ist eingeladen, die Frau trägt einen schicken Shalwar Kameez in strahlenden Farben (Lila, Gelb, Orange, Grün, Rot) zur Schau, der Mann wirkt eher unauffällig - bittet die Gastgeberin zu Tisch. Erbsen in Spinat, Dal, Lamm, Rind, Reis, Naan, Salat - die mexikanische Haushälterin steht in T-Shirt mit irgendeiner englischen Werbeaufschrift und einem unaufdringlichen Lächeln nicht weit vom Tisch mit den Schüsseln und Tellern. Mensch, ist mir das unangenehm - das mochte ich schon in Südasien nicht, aber eine Haushälterin haben, hier in den USA?

"Do you want roti?"

Lieschens Grandma erzählt mir später, dass die Haushälterin schon lange für die Familie arbeitet und jetzt, weil sie schon älter ist, bei ihnen bleibt. Tasneem hat ihr beigebracht, wie man Dal kocht und Tasneems Mann spricht mit ihr in einem Mix aus Spanisch und Englisch. Mit dem Lächeln, das mir an ihr gleich aufgefallen ist, fragt sie mit mexikanischem Akzent, ob wir noch Roti wollen.

Diskussion in der Männerrunde

Mit den Tellern voller Essen machten wir uns auf den Weg nach draußen. Auf der Terrasse standen ein Tisch mit Stühlen und eine Sitzgruppe mit Sesseln und bevor ich mich versah, saßen ich und das Lieschen mit den Herren in unserer Runde am Tisch und wir diskutierten die Situation von Hindus in Pakistan, die Berufstätigkeit von Frauen im Islam, die Unterschiede zwischen deutscher und amerikanischer Mentalität (letzteres wurde zu einem längeren Vortrag meinerseits über fragwürdige Kulturkonzepte) und ob Frauen und Männer gleichermaßen zur Kindererziehung taugen (oh ja, und wie!).

Mangosahnetorte, Ananas, Erdbeer und Orangen

Traditionellerweise hätten wir an den Aunty-Tisch, die Sitzgruppe, auf die sich die drei Damen sich verteilten, gehört, aber in einer so kleinen Gruppe sind die Grenzen fließender und als komische Deutsche habe ich da eh immer ein bisschen mehr Spielraum. Später sind wir doch zu Grandma und ihren Freundinnen gewechselt, als es nämlich Mangosahnetorte und in Stücke geschnittene Ananas, Orange, Erdbeere und Mango gab. Es war angenehm warm und das Lieschen sprang in ihrem neuen strahlendweißen Kleid um den mit blau blitzendem Wasser gefüllten Swimmingpool und spielte in der weiß gestrichenen Laube, die in einer Ecke des Gartens stand.

Erdbebengebiet

Von der mit Holzplanken ausgelegten Terrasse auf der anderen Seite des Gartens sah man ins Tal, auf die Hügel auf der anderen Seite und eine ganze Menge ähnlicher Häuser und Garten. Dass das Valley ein von Erdbeben ganz besonders geplagtes Gebiet ist, war so nicht zu erahnen. Dabei hatte Tasneems Familie vor einigen Jahren ihr altes Haus komplett abreißen müssen, nachdem es durch die Erschütterungen eines Erdbebens so stark beschädigt worden war, dass das Gebäude nicht mehr bewohnbar war. Glück gehabt hatten sie, ohne die vorher abgeschlossene Erdbebenversicherung hätte sie das ziemlich teuer kommen können.

Samstag, 19. Mai 2012

Politik

Leute, die meinen "Politik interessiere" sie "nicht", waren mir schon immer suspekt. Dass einen parteipolitisches Kleinklein nicht brennend interessiert und man angesichts sich aneinander reihender Korruptions- und Schwarze-Koffer-Skandalen desillusioniert ist, kann ich ja verstehen. Aber von einer grundlegenden Skepsis, einem Misstrauen oder Enttäuschung bis zu "Politik interessiert mich nicht" oder "ich hasse Politik" ist es doch ein enormer Schritt - oder nicht?


"The worst illiterate is the political illiterate. He hears nothing, sees nothing, takes no part in political life. He doesn't seemto know that the cost of living, the price of beans, of flour, of rent, of medicines, all depend on political decisions. He even prides himself on his political ignorance, sticks out his chest and says he hates politics. He doesn't know, the imbecile, that from his political non-participation comes the prostitute, the abandoned child, the robber and, worst of all, corrupt officials, the lackeys of exploitative multinational corporations."

Bertolt Brecht

Freitag, 18. Mai 2012

Gutes Essen (4)

New Aashiyana
Halal Tandoori Restaurant
245 Gentle Springs Lane
Diamond Bar, CA

Im New Aashiyana, einem indisch-pakistanischen Restaurant, werden, man kann es sich fast schon denken, südasiatische Spezialitäten angeboten. Alle Speisen sind, da schlägt des Moslems Herzen höher, halal. Die Lokalität an sich ist eher schlicht gehalten. Simple Tische und Stühle, eine Plastiknelke in einer Vase auf dem Tisch - mit Ambiente kann das Restaurant nicht wirklich punkten, und viele Gäste sind auch nicht da - aber wir kommen auch relativ spät an einem Abend unter der Woche. Das südasiatische Personal ist sehr höflich und zurückhaltend welcoming, außer uns sind noch zwei südasiatische und eine uramerikanische Familie da.

Massen an Essen

Grandpa bestellt Chicken Tikka Masala, Chicken Tikka, irgendwas mit Rind, Naan, Keema Naan, Reis, Raita (er muss Hunger gehabt haben beim Bestellen, für dreieinhalb Personen war das viel zu viel). Das Chicken Tikka und Keema Naan waren superscharf (beides war mit grünen Chili gewürzt, die es an sich haben, eine eklige Schärfe zu hinterlassen)...

Chicken Tikka Masala

...aber ich wollte so oder so nichts als dieses köstliche Chicken Tikka Masala essen. Grandpa und Grandma hatten gleich zu Beginn nach etwas "Mildem" gefragt (naja, nach südasiatischen Standards war es das vielleicht auch), und waren von einem der Kellner sofort auf das Chicken Tikka Masala verwiesen worden.

Oh yummy

Als ich das erste in der roten Soße schwimmende Stück Fleisch mit einem Stück Naan erwischte, dachte ich, dass muss Paneer sein, das ist kein Fleisch, so zart war das Hühnerfleisch. It goes without saying, blitzblank gewischt ging das kleine Metalltöpfchen, in dem das Chicken Tikka Masala serviert worden war, wieder zurück in die Küche.

Donnerstag, 17. Mai 2012

Die Gekrönte

Von Downtown San Diego ist es nicht weit bis nach Coronado. Die Stadt liegt vor der San Diego Bay auf einer Halbinsel, die durch eine schmale, hohe Autobrücke, die sich auf dünnen Stelzen über dem blauen Wasser erhebt, mit dem Festland verbunden ist. Auf beiden Seiten, Land und Insel, weisen große Schilder daraufhin, dass die suicide hotline twenty-four / seven unter der Nummer ... erreichbar ist.


Auf der Insel dominieren ebenerdig- bis maximal einstöckige Einfamilienhäuschen, einige noch richtig alt. Vom Strand auf der Ostseite sieht man San Diego und seine aus Glas und Stahl errichteten Hochhäuser, am Strand auf der Westseite brausen einem Wind und Wellen des Pazifiks entgegen. Wir laufen über weiße Sanddünen, an Palmen vorbei, rechts der Strand, links ein riesiges Anwesen mit einem, vielen weißen Gebäuden mit roten Dächern: das Hotel del Coronado. 1888 erbaut, war es damals das weltweit größte (und das erste schon beim Bau mit Elektrizität ausgestattete) Hotel.


Nach einer Weile am Strand, einem angesichts der Wellen vor Vergnügen quietschenden Lieschen (das seitdem nur noch an den beeeeeach will) machen wir uns mit Sand an den Füßen zurück zum Auto. Bei der letzten Runde über die Insel kommen wir auch an dem Teil der Coronado vorbei, der für militärische Zwecke genutzt wird ... und Alimustafa hat Mühe, einen Radiosender reinzubekommen, der nicht von der anderen Seite der Grenze gesendet wird. Nach zahllosen mexikanischen Rhythmen hat er dann endlich einen US-amerikanischen Sender drin und wir brausen durch die Nachmittagssonne über die Brücke zurück nach San Diego.

Mittwoch, 16. Mai 2012

La violence

"La violence est le dernier refuge de l'incompétence"

Isaac Asimov

Samstag, 12. Mai 2012

Downtown San Diego

San Diego ist auf zwei Seiten vom Meer umgeben.
Erstreckt sich, je weiter man vom Meer weg kommt,
über Hügel, die bald so steil werden,
wie man es von Bildern aus San Francisco kennt.

Auf einem der höchsten Hügel, über der Stadt,
steht das El Cortez, ein in den Zwanzigern erbautes,
unglaublich hohes Hotel - die Aussicht von dort oben
muss atemberaubend sein.


In den Sechzigern scheint die Innenstadt
ziemlich heruntergekommen gewesen sein,
viele der im 19. Jahrhundert errichteten Gebäude verwahrlost,
dafür Kleinkriminalität, Stripclubs, Obdachlose.
Ende der Siebziger und Achtziger wurde die Innenstadt wieder aufgemöbelt,
viele der alten Häuser renoviert, das alte Gaslamp Quarter wieder hergerichtet.
Heute reihen sich dort Bar an Bar, Bistro an Bistro, Restaurant an Restaurant.
Aber Obdachlose und Drogenabhängige sind immer noch
viele unterwegs im Stadtzentrum
- oder sind das hier die so-und-so-viel Wochen Vorstadtidylle
im Californian suburb, die sich bemerkbar machen?

Bis zum Meer ist es in der Innenstadt nie weit.
Immer mal wieder bläst eine Brise aus Richtung Ozean
nach Meersalz riechende Luft gen Stadt.

Über einen Martin Luther King Memorial Walk laufen wir Richtung Strand.
Wir kommen zum Seaport Village, einem autofreien Bereich,
in dem sich Häuschen and Häuschen, errichtet
im Stil eines Fischerdorfs
aus dem 18. oder 19. Jahrhundert, reiht.
In den Achtzigern erbaut ist es erstaunlich gut getroffen,
selbst die Dachziegel, Türklingen und Gartentore
sind detailgetreu angefertigt
und verblüffend gut auf alt gemacht.

In den Häuschen sind Geschäfte untergebracht,
Boutiquen, Muschelgeschäfte, Hängematten
werden da verkauft, Perlen, Touristenklimbims,
 Eiskrem, Waffeln, Nüsse...
Zum Meer sind es nur ein paar Meter,
und man kann sich in eines der Restaurants dort setzen
und während dem Essen auf Wasser und Wellen schauen.

Freitag, 11. Mai 2012

Muslim geworden

Wie kommt ein junger Mensch zum Islam? Was ist es, was ihn die Entscheidung treffen lässt, eine andere (oder überhaupt eine) Religion anzunehmen? Auf eine besonders schöne Geschichte eines jungen Mannes, der während seiner Studienzeit Muslim wurde, bin ich kürzlich im Internet gestoßen. Hier könnt auch ihr sie lesen.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Die Menschen

„Die Menschen sind Feinde dessen, was sie nicht kennen und was sie nicht verstehen.“

Ali Ibn Abi Talib, Schwiegersohn des Propheten Muhammad und islamischer Kalif

Mittwoch, 9. Mai 2012

Auf dem Weg nach San Diego

Wenn man von Los Angeles aus immer weiter nach Süden fährt, kommt man nach Mexiko. Auf dem Weg liegt San Diego, mit 1,3 Millionen Einwohnern nach Los Angeles die zweitgrößte Stadt Kaliforniens. Von San Diego aus sind es nur noch fünfzehn, zwanzig Minuten bis zur mexikanischen Grenze.

Mexiko ist nicht weit

Aber das Mexiko nicht mehr weit ist, wird schon wenige Meilen jenseits der Stadtgrenze LAs deutlich. Zuerst fallen mir die Dachziegel auf, rotgebrannt und leicht gewölbt, so wie ich sie aus Südfrankreich oder Italien kenne. Das nächste sind die Ortsnamen. Ausfahrten führen nach Las Flores, San Juan Capistrano, San Clemente, Escondido, Del Mar und La Mesa. Wir sind auf dem Weg in Richtung Lateinamerika, keine Frage.

Straße, Meer, Hügel, Erde

Irgendwann, ein gutes Stück hinter dem letzten Vorort von LA, ist da nur noch die Straße, rechts davon der Ozean und links Hügel, die jetzt im Mai mit grünen Büschen und Kräutern bewachsen sind und auf denen es gelb blüht. An manchen Stellen blitzt an einem der Abhänge ein Stück lehmrote Erde unter dem Gras hervor. Als wir unterwegs sind, ist der Himmel bedeckt, es ist nicht besonders warm und in den Tälern zwischen den Hügeln hat sich der Nebel festgehängt.

Ein bisschen Manchester in Südkalifornien

Nach fast zwei Stunden Fahrt fällt zwischen all den spanischen Ortnamen plötzlich eine Manchester Avenue und ein Birmingham Drive auf, auf die durch eines der Schilder verwiesen wird. Wie komisch hier mitten im großen Amerika, im warmen Kalifornien, nicht weit von der Grenze zu Mexiko die so bekannen Namen zweier Städte aus dem kleinen England, dem kalten Nordwesteuropa zu lesen. Ob die Straßennamen auf aus England stammende Siedler zurückzuführen sind, die sich mit diesen Ortsbezeichnungen ein Stück Heimat mit in das unbekannte Land, die fremde Landschaft mitnahmen? Das Auto braust weiter Richtung Süden, bald sind wir in San Diego.

Dienstag, 8. Mai 2012

Long Beach und eine Königin


Als Lieschens Grandpa meinte, er wolle mit uns nach Long Beach fahren, dachte ich erst, er spinnt. Long Beach, war das nicht Nachmittagstreff der ganz bösen Gangstarap-Jungs? Als auf dem Freeway die ersten Schilder, weiß auf grün, mit dem Namen der Stadt auftauchten, schaute ich argwöhnisch aus dem Fenster. Waren sie irgendwo da draußen, die Gangster? Grandpa hatte doch die Zentralverriegelung eingeschaltet, oder nicht?

Keine Gangster in Downtown Long Beach

Und dann war da plötzlich das Meer, ein nett angelegter kleiner Park mit Teich; Schilder, die den Weg zum Aquarium wiesen und Familien, die aus dem Convention Center strömten. Ein Stück weiter hatte schon der Aufbau für den Grandprix begonnen. Gangster? Von wegen. (Lieschens Grandpa erklärte mir später, dass es doch einen Teil von Long Beach gibt, der keinen besonderen Ruf gibt. Aber von Downtown Long Beach mit den mit Bars und Restaurants gesäumten Straßen war das weit entfernt.)

Passagierdampfer, Truppentransporter

Wären wir ein bisschen früher gekommen, hätten wir vielleicht ins Aquarium gehen können. Da das jedoch um sechs schließt, machten wir uns auf den Weg nach einer Alternative. Und standen schon bald vor der Queen Mary, einem riesigen, während der 1930er in Schottland gebauten Schiff, das erst als Passagierdampfer der Luxusklasse (17.000 Dollar wären für ein Ticket heute zu zahlen) zwischen der Alten und der Neuen Welt verkehrte und dann im Zweiten Weltkrieg zum Truppentransport eingesetzt wurde.

Wände aus Kastanienholz, Art Décor wie in den 30ern

In den 1960ern wurde das Schiff, das zeitweise das berühmte Blaue Band führte (keine vier Tage brauchte sie für die Überquerung des Atlantiks) stillgelegt. Die Stadt Long Beach kaufte das Schiff, baute es zum Hotel um und bietet nun Führungen und Events wie Konzerte ("Rock the Queen"), Hochzeiten und einen Sonntagsbrunch auf dem Schiff an. Da dümpelt es nun im Wasser vor Long Beach, doppelt so groß wie die Titanic, mit den mit Kastanienholz ausgelegten Wänden, einer noch weitgehend erhaltenen Art Décor-Einrichtung, der britisch-roten Telefonzelle und einem mit weißgelben Kacheln ausgelegten mehrstöckigen Schwimmbad tief im Bauch des Schiffes - und zeugt von einer Zeit, die nicht mehr ist.

Führung übers Schiff, Blick über Long Beach

Von den vielen zur Auswahl stehenden Führungen wählten Grandpa, Lieschen und ich die Twilight Historical Tour. Nein, nichts mit Vampiren, sondern eine Führung, die um viertel vor sieben, so ungefähr zum Untergang der Sonne beginnt. 12 Dollar waren es, glaube ich, per Person und eine Stunde lang wird man mit vielen Erklärungen durchs Schiff geführt. Ich war begeistert, das Lieschen trottete brav mit, aber Grandpa schaffte es irgendwie, sich nach der ersten halben Stunde abzuseilen; wir trafen ihn dann am Ausgang wieder: "Ich habe nur kurz die Toiletten gesucht, und auf einmal wart ihr weg...!" Den Blick von der hochhausgroßen Queen Mary auf das blaue Meer, die orange untergehende Sonne und die hell blitzenden Lichter von Long Beach fand er dann aber auch richtig gut.

Freitag, 4. Mai 2012

Hochzeitsvorbereitungen auf Südasiatisch

Alimustafas Mutter arbeitet als Wedding Decorator. Sie hat sich vor einigen Jahren selbstständig gemacht und kümmert sich jetzt auf Hochzeiten um das Dekor, die Blumengestecke und Tischdekoration. Der Großteil ihrer Kunden sind Südasiaten, die Hochzeiten sehr bunt, prachtvoll, mit viel Bling-Bling. Letztens hatten das Lieschen und ich nichts anderes zu tun und begleiteten sie in ein großes Hotel irgendwo in einem Vorort von Los Angeles. Die Tische waren schon gedeckt, eine von Grandmas Angestellten hing weiße Hussen über die Stühle und band lila Schleifen darum.

Europäische Geographie

Derweil baute einer von Lieschens Onkeln mit einem weiteren Angestellten die Bühne auf. Ein mit braunen, lila und grünen Tüchern behängter Baldachin stand im Mittelpunkt. Derweil half ich der Frau mit den Hussen - beide Angestellte kamen aus Lateinamerika (genauso wie alle Angestellten im Hotel), waren aber amerikanischer als Joe und Jimmy von nebenan - und erklärte ihr, dass wir zwar aus Ju-Käi kämen, das aber nichts mit Ju-Kräin zu tun hätte, woraufhin sie gleich bekräftigte, Leute aus der Ju-Kräin fände sie ganz toll, die hätten so einen süßen Akzent - fast so gut wie meiner.

Noch längst nicht fertig

Später half ich noch beim Auffädeln der Blumen und Blüten - aus Blumen gefertigter Schmuck gehört unbedingt zu einer südasiatischen Hochzeit. Grandma erklärte mir, dass passend zu den lila, grünen und braunen Stoffen auf der Bühne die Braut lila und grün und der Bräutigam kupfer tragen würde. In der Zwischenzeit war es schon sieben, um sieben sollten die Feierlichkeiten begingen, aber bis auf den DJ war noch keiner da. Um halb acht huschte eine aufgeregte Braut in ihren ganz gewöhnlichen Klamotten mit den gebügelten Festtagskleidern (ja, da sah ich es lila und grün blinken) durch den Raum - sie sei noch lääängst nicht fertig.

Die ersten Gäste kommen

Als um acht die ersten Gäste kamen, war zumindest der Bruder der Braut schon im Festsaal. Die Gäste, eine Familie mit Vater, Mutter, Tante und vier Kindern machte sich gleich auf in Richtung Büffet und bediente sich mit in Fett gebackenen scharfen Samosas, Biryani und Fleisch in Soße. Derweil meinte Grandma, dass wir doch Fotos vom Lieschen auf der inzwischen fertig gestalteten Bühne machen sollten.

Bilder vom Hochzeitstag

Und so kommt es, dass ich nun eine Menge Bilder habe, vom übers ganze Gesicht strahlende Lieschen, platziert auf einer aus dunklem Holz geschnitzten, mit Blumengestecken behängten Sitzschaukel für zwei, rechts davon ein Tisch mit mit glitzernden Spiegelsteinchen besetzter goldener Vase mit darin schwimmenden Kerzen und Blumen, links davon auch, im Hintergrund die passende Beleuchtung und vor ihr auf dem Teppich ein ganzer Haufen an pink, lila, türkis, golden, braun und orange strahlenden Kissen. Nur die original südasiatische Hochzeitsmusik, die auf höchster Lautstärke aus den Boxen dröhnt, die sieht man nicht.