Wann gab es zum letzten Mal Blutlachen in Paris, Leichen in der Seine, Berge von Toten auf den Strassen der franzoesischen Hauptstadt? Vor siebzig Jahren, also irgendwann in den 1940ern waehrend des Weltkriegs? Vor mehr als 200 Jahren, waehrend und nach der Franzoesischen Revolution?
Vor fuenfzig Jahren
Fuenfzig Jahre und fuenfzig Tage ist es her, seit am 17. Oktober 1961 das groesste durch eine Staatsmacht in Westeuropa veruebte Massaker nach dem ZWeiten Weltkrieg begangen wurde. Eine Demonstration von 30.000 Algeriern fuer die Unabhaengigkeit ihrer Heimat und gegen die gegen sie gerichteten Repressionen durch den franzoesischen Staat endete toedlich. Bilanz: Zwischen 50 und 300 Tote, unzaehlige Verletzte, mehr als 10.000 Algerier, die noch ueber Tage in Pariser Sportstadien kaserniert wurden, und ein Pariser Praefekt, der erklaerte, die Polizei habe getan, was zu tun gewesen sei. Noch Wochen spaeter wurden Leichen aus der Seine gefischt.
Totgeschwiegen
In der nationalen Presse hingegen war von drei Toten die Rede; die schockierenden Bilder von Toten und Verletzten wollte bis auf ein unbedeutendes christliches Blatt keine Zeitung drucken. Bis in die Neunziger wurde sich ueber das Thema weitgehend ausgeschwiegen, kritische Filme und Buecher zum Thema verboten oder, spaeter, von der Oeffentlichkeit weitgehend nicht beachtet. Erst 2001, vierzig Jahre spaeter, wurde durch den Buergermeister von Paris eine Gedenktafel eingeweiht - die konservative Opposition im Stadtrat protestierte mit einem Boykott der Veranstaltung.
Eine Geschichte
Und so ist die Geschichte, von dem, was damals, an diesem 17. Oktober vor fuenfzig Jahren in Paris geschah, eine Geschichte von Rassismus und Gewalt; von Zivilisten, die zwischen die Fronten geraten; vom Krieg in Nordafrika, der sich einen Weg nach Westeuropa bahnt und von der Weigerung eines Staates, sich seiner Vergangenheit zu stellen.
Samstag, 22. Oktober 2011
Blutlachen in Paris
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3 Kommentare:
Danke fürs Erinnern.
Erinnern? Ich hatte noch nie davon gehört. Und das trotz x Jahren Französischunterricht an der Schule, in der Uni, trotz regelmäßigen Frankreichaufenthalten, trotz Auslandsstudiums in Frankreich, trotz Arbeit in französischer Institution. Es sind wirklich solche Momente, in denen ich stolz (nein: erleichtert) bin, wie weit die Deutschen doch mit ihrer Vergangenheitsarbeit schon gekommen sind. Auch wenn selbst bei uns noch viel passieren muss und sich auch hier keiner auf seinen Lorbeeren ausruhen darf...
Doch, ich hatte vor Jahren mal eine Randnotiz gelesen. Genug, um mich grob zu erinnern, nicht genug um wirklich was zu wissen. So oder so: danke :)
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