Omar Nasiri: Inside the Global Jihad. How I Infiltrated Al Qaeda and Was Abandoned by Western Intelligence. London: Hurst, 2006.
Wie wird ein Mensch zum Terrorist? Das ist eine der Fragen, die Sozialwissenschaftler seit Jahrzehnten bewegt. In seinem autobiographischen Buch Inside the Global Jihad liefert der Mann, der unter dem Pseudonym Omar Nasiri schreibt, einige Antworten. Aufgewachsen zwischen Marokko und Brüssel verdient er sich als Kleinkrimineller, bis er durch einen seiner Brüder in das Netzwerk in Europa und dem Nahen Osten operierender islamistischer Terroristen gerät. Als die Männer ihm bedrohlich werden, offenbart er sich dem französischen Sicherheitsdienst, bietet sich als Agent an und inflitriert eines der Ausbildungscamps in Afghanistan. Nach seiner Rückkehr arbeitet er für den britischen MI6, den Verfassungsschutz und weiter die Franzosen - bis er nach sechs Jahren aussteigt.
Bemerkenswert an dem Bericht, der von Terrorismusexperte (und der wirklich!) Ahmed Rashid und dem ehemaligen Vorsitzenden der Osama Bin Laden-Einheit des CIA Michael Scheuer als einmaliger Einblick in global-jihadistische Terrornetzwerke bezeichnet wird, sind für mich vier Punkte. Zum einen, der Weg, der Omar Nasiri in den Terrorismus führte: über ein Familienmitglied, nach einer Karriere als Kleinkrimineller und Erfahrungen von Diskriminierung und Exklusion. Zweitens: die Faszination, die von der Ideologie des global-jihaditischen Islamismus ausgehen kann und selbst Außenstehende, wie Omar Nasiri es war, anziehen kann. Drittens: wie einfach es für den Autoren war, in das Camp zu kommen. Nach Pakistan geflogen, hierhin gegangen, dort mit jemandem gesprochen, und flugs, war er drin. Viertens: die Stümperhaftigkeit, mit der die großen europäischen Sicherheitsdienste in der zweiten Hälfte der Neunziger der Bedrohung durch islamistische Terroristen gegenüber standen. Bleibt zu hoffen, dass die Damen und Herren seitdem etwas dazu gelernt haben.
Donnerstag, 8. September 2011
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8 Kommentare:
Dazugelernt? Haben sie. Heute wieder mal zwei ihrer Glaubensbrüder in ihrer ehemaligen Heimat verhaftet.
Aber hat mit dem Islam nix zu tun. Die beiden wurden sicher nur diskriminiert und excludiert.
Terrorismus ist im Islam verboten. Insofern hat das tatsächlich "nichts mit dem Islam zu tun".
"Lieselotte hat gesagt...
Terrorismus ist im Islam verboten. Insofern hat das tatsächlich "nichts mit dem Islam zu tun""
Bleibt ja nix mehr übrig vom Islam dann.
Aber wenn man es hinkriegt, sich angegriffen zu fühlen, dann soll Schrecken in die Herzen der Feinde geschleudert werden. Der Engpass ist nur, dass man sich angegriffen fühlen muss.
Unter diesen weisen Regelung leiden jetzt die Syrer: Sie würden sich eigentlich inzwischen gerne helfen lassen, aber die Ungläubigen sind gebrannte Kinder: Da reingehen, bloss nicht; dann kriegen die auf einmal alle einen Rappel und tun sich gegen uns zusammen.
Also: Pech gehabt mit Gottes Gesetz - und weitersterben !
@ Kommentator 3: Wenn Sie wüssten.
@ Kommentator 4: Was?
Was ist denn an Nr. 4 so schwer zum Nichtverstehen ?
Im Islam gibt es eine Kriegsethik. Das ist schon mal besser, als zu verlangen, dass alle sich gefälligst lieb haben sollen. Diese sieht für den Verteidigungsfall eben auch kriegerische Maßnahmen vor. Nicht weiter überraschend. Als ein Problem bleibt übrig, wer diesen Verteidigungfall feststellt - ein Papsttum gibt es aus guten Gründen im Islam ja nicht.
Einen Kalifen auch nicht mehr, weil der letzte so fehlgeleitet war, sich mit der kaiserlich-deutschen Pleiteallianz zu verbünden. Nun ja ...
Was ist nun mit den ganzen göttlichen Weisungen für den Verteidigungsfall ? Gibt es nichts mehr zu verteidigen, weil alles perdu ist, oder kann jeder Moslem sagen, hoppla, Dingsbumsland war mal moslemisch und da machen wir jetzt Jihad, weil uns das weggenommen wurde ? Oder nicht jeder Moslem, sondern nur einer, der den Koran auswendig kann und bei der Hajj war, und/oder Scheich ist, etc.
Ist doch eine legitime Fragestellung, oder warum nicht ?
"Kommentator 3: Wenn Sie wüssten."
Schade, dass man es nicht ausprobieren kann.
Islam ohne anti-Militanz, nur Sittsamkeit fürs Himmelreich, ohne Motorräder, Kohle und Knüppel von der Religionspolizei zum Schleierchecken ...
Ich glaube, in Ländern wie Saudi-Arabien und dem Iran würde sich Islamophobie unter weiten Teilen der männlichen Jugend breit machen.
Die ganzen Terrorjünger drehen jetzt ihre Aggressivität nach innen.
Klar hat der Westen die gebraucht; gegen die Sowjets; gegen Gaddafi und heimlich (aber gaaaanz heimlich) auch gegen Assad und den Iran.
Sogar schon vorher: Im WK I wollten deutsche Orientalisten und Jungtürkische Preussenklone Indiens Moslems gegen das EMpire in Marsch setzen.
Aber die Briten haben schneller die Araber gegen die Türken losgelassen, sodass aus dem Großdeutsch-Osmanischen Plan nichts wurde.
Der Westen scheint als terroristisches Angriffsziel ausgedient zu haben, auch wegen Pleite von USA und EU.
Die Extremisten können sich damit sogar etwas als Sieger fühlen und knöpfen sich jetzt ihre eigenen Gesellschaften im "Arabischen Frühling" vor.
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