Donnerstag, 4. August 2011

Immer noch Krieg


- 4. Ramadan -
Vom Sarajevo Film Festival, das am Samstag zu Ende ging

9 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Immer noch Krieg"...

... in Libyen, Jemen, Syrien, Bahrain ...

Kann es sein, dass konkurrierende Monotheismen zum Fluch des 21. Jahrhunderts werden ?

P.S. Natürlich auch auf dem Balkan.

Lieselotte hat gesagt…

Ich verstehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen. Konkurrierende Monotheismen in Lybien, Jemen und Co.?? Wovon sprechen Sie?

Anonym hat gesagt…

Syrien: Sind die Alawiten Moslems ? Eine Fatwa, die sich Assad besorgt hat, meint: ja; die meißten Sunniten meinen das aber eher wohl nicht.

Spielt keine Rolle für den Zoff ?

Schauen (und hören) Sie mal hin, in den Horrorvideos. "Alawiten in die Särge und Christen nach Beirut" so eine poluläre Schlachtparole der Aufständischen.

Jemen: Die Houthis als Zaiditen sind nun mal ein zuverlässig nicht wohl gelittener konfessioneller Mosaikstein im Fresko des Grauens, zu dem der Jemen* hinabsinkt.

Libyen: Zugegeben; der Exzentriker Gaddafi fätt ein wenig aus dem islamistischen Herrschafts-Rahmen.

Er beutete die Heuchelei aller Herrscher und den Extremismus mancher ihrer Widersacher für seine Clownereien aus. Doch seine letzte Zuflucht führt aktuell auch zu einer Allianz mit den Extremisten, vor denen er den Westen eigentlich schützen wollte.

Außerdem gibt es eine berühmte Rede von ihm, wo er mit einer Rückkehr zum Fatimidenkalifat droht ("Al-Ahzar"-die Tochter; d.h. die Kairoer Uni nimmt er als eine Gründung im Zeichen der Schia in Anspruch) und sowohl die sunnitischen Großkopfeten, als auch die "Islamische Revolution" des Iran bezichtigte er, ein Schwindel und Humbug zu sein.

*Jemen: Ex-Felix Arabia mit historisch vorbildlicher Wasserversorgung und antikem Weltwunder...

Lieselotte hat gesagt…

Jetzt muessten Sie mir nur noch erklaeren, was das mit dem Film Festival in Sarajevo zu tun hat...

Anonym hat gesagt…

... mit der Überschrift: "Immer noch Krieg"...

(Oder war die etwa ironisch gemeint ?)

Im Kosovo zündelt es ja auch weiter; mit konkurrierenden Monotheismen auch wieder im Hintergrund am Werk.

Ohne Konfessionsdiffernez wären Nationalismus und Tribalismus natürlich nicht weg, aber vielleicht doch etwas weniger hochgesteigert, oder ?

Klar, man kann natürlich auch meinen, dass ohne frommes Wetteifern auf dem Wege Gottes alles noch viel schlimmer wäre.

Aber irgendwie scheint doch die Evidenz in die andere Richtung zu gehen. Leider haben wir keine zweite Welt, um dieser Frage experimentell nachgehen zu können.

Lieselotte hat gesagt…

Ich glaube nicht, dass es damals auf dem Balkan ohne Religionen viel besser ausgesehen haette. Religion hat da hoechstens eine Nebenrolle gespielt; vor und zu Beginn der Kriege war der Grossteil der Menschen dort doch kaum noch in irgendeiner Weise religioes. Das hat sich tragischerweise erst durch die Kriege etwas geaendert.

Die Ueberschrift war nicht ironisch gemeint. Es ging mir darum, dass Jahre nach Ende der Balkankriege sie immer noch im Fokus vieler Filmemacher vor Ort sind. Um "konkurrierende Monotheismen" ging es da nicht, sondern um die Art und Weise, wie Kunstschaffende in Postkonfliktlaendern sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen. Wie waers mal mit einem Kommentar dazu? ;)

Anonym hat gesagt…

"vor und zu Beginn der Kriege war der Grossteil der Menschen dort doch kaum noch in irgendeiner Weise religioes"

Die Wiederbelebung religiöser Identitäten als Scheidelinie für das Massentöten war ja gerade das Beklemmende. Gemordet wurde nach konfessioneller Zugehörigkeit und nicht nach Anhängerschaft zu Ideen, oder nach sozialen Interessen. Die Enthemmung kam von der Anhängerschaft zu konfessionellen Gemeinschaften, die in der Tat schon als beinahe überwunden galten. Umso tragischer, dass dieses Gift auch in kleinsten Dosen noch so mörderisch stimuliert.

Lieselotte hat gesagt…

Soweit ich das mitbekommen habe, wurden die religioesen Identitaeten nicht zum Morden "wiederbelebt", sondern viele sind sich durch die Massaker ihrer Identitaet wieder bewusst geworden. Aber ganz so einfach ist das natuerlich nicht, weil da noch ne Menge anderer Faktoren mit rein spielten, zum Beispiel auch noch externe Akteure. Das waere Stoff fuer ne Doktorarbeit - nicht fuer einen Blogkommentar.

Gemordet wurde NICHT ausschliesslich nach konfessioneller Zugehoerigkeit. Es gab Kaempfe zwischen Muslimen, und einer DER militaerischen Entscheidungstraeger waehrend der Verteidigung der von serbischen Truppen eingekesselten Stadt Sarajevo war - (bosnischer) Serbe.

Dass es in den Balkankriegen vor allem um Religion ging, ist schon eine sehr oberflaechliche Einschaetzung der Dinge. Da ging es um viel mehr: Macht und Einfluss, soziooekonomische und regionale Ungleichheiten, Stadt-Land-cleavages, und nicht zuletzt, die, die an einem bewaffneten Konflikt unglaublich verdienen... Wie gesagt: Doktorarbeit!!

Anonym hat gesagt…

"Da ging es um viel mehr: Macht und Einfluss, soziooekonomische und regionale Ungleichheiten, Stadt-Land-cleavages, und nicht zuletzt, die, die an einem bewaffneten Konflikt unglaublich verdienen"

Ja, natürlich; nur kann niemand seine Leute mit dem Schlachtruf mobilisieren: Mordet mal, damit ich reicher werde ! Da muss schon etwas Edleres her. Un dieses Edlere war natürlich die blosse Zugehörigkeit zur ethno-religiösen Gemeinde, noch nicht mal die Praktizierung von Glauben.

Vorher tranken alle Slibovitz miteinander; die Bosnijaken zu Bayram sogar einen extra; aber zum Konflikt mit dem Nachbarn gab die Namensendung, soweit sie Herkunft signalisierte, den Ausschlag zum Wer-Wen ? beim Abschlachten.

Es gab ein paar Einzelne, die sich demonstrativ einer Sache verschrieben haben, die nicht durch die Gemeindezugehörigkeit vorgegeben war. Das war das Kalkül, oder Heldenmut einzelner. (Bei der Mafia spielte die Konfession übrigens auch keine Rolle) Aber die Masse wurde in das Schlachten durch konfessionelle Schlachtrufe beordert und kollektive Verweigerungen gegenüber den Konfessionsloyalitäten sind mir damals nciht bekannt geworden.

Damals gab es Busse zu den Frontabschnitten der einzelnen Kriegsparteien auf deutschen Busbahnhöfen und da hat sich keiner in den falschen Bus verlaufen und dann festgestellt, dass man doch eigentlich ein Volk sei.

Man kann Doktorarbeiten schreiben, um Sachverhalte weiter zu vertiefen, man kann aber auch Doktorabreiten schreiben, um auf Teufel komm raus zu verschleiern, wer der Elephant im Raum ist.

"Es gab Kaempfe zwischen Muslimen"

Ein Warlord wollte auf eigene Rechnung arbeiten:
Fikret Abdić (* 29. September 1939 in Donja Vidovska bei Velika Kladuša, Bosnien) ist ein Politiker, Kriegsherr und Unternehmer aus Bosnien und Herzegowina. Abdić ist allgemein unter seinem Spitznamen Babo (deut. Papa) bekannt.

Wie gesagt, das einzige kollektive Schlupfloch vor dem ethnisch-konfessionellen Wahn heißt Mafia.

Schöne Aussichten.