- 14. Ramadhan -
Und dann wollte sie einen Job. In London. Nichts Weltbewegendes, keine Stelle für die nächsten fünf Jahre, sondern einfach nur etwas, was man zeitweise machen könnte, um etwas Fuß zu fassen, um etwas Geld zu verdienen.
Nach einer Weile, in der sie Online-Jobbörsen und Tageszeitungen nach passenden Stellenanzeigen durchforstete; sich zum Profi in der Handhabung der Computer in den lokalen Arbeitsagenturen entwickelte - und in der Übersetzung der für ihre Fachgebiete relevanten Ausdrücke; sich überlegte, was sie eigentlich gut konnte; ihren Lebenslauf umschrieb für Stellen als Lehrerin, Eventmanagerin, Museumsangestellte, Kundenbetreuerin, Übersetzerin, sandwich artist (nee, die Berufsbezeichnung habe ich mir nicht ausgedacht), Putzfrau; in der sie mit offenen Augen durch die Einkaufsstraßen ihrer Stadt lief (war das nicht eine Stellenausschreibung dort vorne auf dem Plakat im Schaufenster?); nach je einem Bewerbungsgespräch für eine Tätigkeit im internationalen Callcentre, als Deutschlehrerin, Übersetzerin; einiger Recherche in den einschlägigen Expat-Internetforen; regelmäßigen Telefonaten mit den mehr oder weniger kompetent wirkenden Vertretern einer ganzen Reihe von recruitment agencies -
Nach einer Weile hatte sie einen Job.
Heute gebe ich meine erste Unterrichtsstunde. In Deutschland würde ich wohl kaum eine Stelle als Deutschlehrerin bekommen, nicht in einer vergleichbaren Institution. Aber in der Fremde ist manches anders und ich freue mich auf morgen. Ich habe ein paar Standard-Einstiegsübungen vorbereitet. Neben Sarah, Julia und Andreas begrüßen sich darin Fatma und Kasia - so viel realitätsnahes Deutschlandbild muss sein. Und für die Hörverständnisübung habe ich einen Rap von Ammar vorbereitet - mal sehen, wie's ankommt.
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5 Kommentare:
Oh mein Gott, Lieselotte! Das kannst Du doch nicht machen! So ein provokantes und aggressiv daherkommendes Lied für einen Sprachkurs!
Mal ganz davon abgesehen, dass es schon sehr, sehr anspruchsvoll ist als Unterrichtsmaterial. Im Russischkurs hatten wir so seichte russische Popmusik von einer modernen jungen Frau, die zwar auch gesellschaftskritisch war auf eine Art und Weise, aber es ging in erster Linie um den dahinplätschernden Text und der hatte keine aggressive Botschaft.
Kommt es nicht ein wenig mmissionarisch rüber bzw. ist es nicht ein wenig fehl am Platz dies Problematik in einem Sprachkurs zu thematisieren? Was soll das? Dieser Typ klingt auch so aggressiv, so ghetto-mäßig.
Was sind das für Schüler? Muslime? Oder wenigstens Leute, die für das Thema "Islam in Deutschland" offen sind?
Ich bin gespannt, wie es bei den Schülern ankommen wird.
He he he, da hab ich aber was ausgelöst... :)
Aber keine Sorge, ich habe was ganz harmloses vorgespielt: ein Kinderweihnachtslied von Frederik Vahle: "Wo ist denn der Schnee geblieben?".
Davon abgesehen ist das ein Anfängerkurs, das heißt, es geht gar nicht darum, WAS da gesagt wird, sondern einfach nur darum, Deutsch zu hören und ein Gefühl für den Klang der Sprache zu bekommen. Seichte Popmusik (ich dachte da an so was wie Silbermond oder so) spiele ich denen auch noch vor. Aber nächstes Mal ist Ammar dran. ;)
Oh, und ganz allgemein gesagt, denke ich kaum, dass es eine "Problematik" gibt, die in einem Sprachkurs fehl am Platz wäre. Wenn ich ein realitätsnahes, aktuelles Deutschlandbild vermitteln will, dann gehört da z.B. auch jemand wie Ammar dazu. Noch viel, viel, viel mehr - aber eben auch er.
Ok, wenn Du jede Stunde etwas anderes vorspielst - Kinderlieder, Popmusik, Rap & Hip Hop, ... uvm. dann ist es ja auch völlig ok! Hättest Du gleich sagen können ;-)
Mit "Problematik thematisieren" meinte ich bloß, dass ich es irgendwie schräg fände, wenn Du als Lehrerin, nur weil Du einen bestimmten Glauben hast und Dich zu bestimmten ethnischen Gruppen hingezogen fühlst, alles inhaltlich danach ausrichtest und der Unterricht am Ende mehr wie eine Predigt oder Mission wird ;-)
Außerdem wäre es auch doof, wenn Du z.B. jede Stunde einfach nur ein anderes Lied von Amman vorspielen würdest ... hehe. Ich glaube solche Leute haben die in UK z.T. auch, oder nicht?
Heimliche Mission im Deutschunterricht ... ha ha ha, du hast ja Ideen!
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