Mounir aus [Land in Südasien] ist zu Besuch. Er hat back home ein Business und überlegt, hier in Deutschland Handelspartner zu finden, eine Repräsentanz in Europa aufzubauen. Hier gewesen ist er noch nie, aber er hat gute Freunde und Verwandte, die enge Beziehungen zu Deutschland haben, selbst Jahre lang hier gelebt haben, die Sprache sprechen.
Ein paar Sätze Deutsch
Vor Jahren hat Mounir sogar mal einen oder zwei Deutschkurse in [Land in Südasien] absolviert - und Deutsch ist in diesem Teil der Welt wirklich keine Fremdsprache, die es populär wäre, zu lernen. Ein paar Sätze und Phrasen sind hängen geblieben und die bringt Mounir mit einem Lachen immer mal wieder in die Konversation ein. Er ist wie so viele Südasiaten, die ich kenne - redet gerne und viel, lacht laut und ist eigentlich immer zu spät.
Einladung zum Essen
Nachdem er einen Nachmittag bei uns eingeladen war, folgt bald die Rückeinladung. Wir sollen doch kommen - und die Freunde, die er an jenem Nachmittag bei uns kennen gelernt hat, auch mitbringen. So machen das Lieschen, meine Freundin Victoria, ihr Mann Soheil und die kleine Amina uns auf den Weg in den Vorort von [der Stadt, in der ich in Deutschland wohne].
Kuchen, Saft, Datteln und Brezeln
Mounir begrüßt uns herzlich, sein Cousin Ahmad, den sie Mo nennen - das Essen ist natürlich längst noch nicht fertig, aber wir werden mit Kuchen, Saft, Datteln und Brezeln versorgt. Als das Essen fast fertig ist, strömt ein Duft durch die Wohnung, der mich daran erinnert, wie sehr ich südasiatisches Essen vermisst habe, in der letzten Zeit in Deutschland. So ist das. Hier vermisse ich Chicken Karahi, Palak Paneer und Mango Lassi - und zurück in England sehne ich mich nach 'nem vernünftigem Döner, gescheitem Brot - und Cornichons.
Chicken Karahi mit türkischem Fladenbrot
Das Essen ist vorzüglich, Chicken Karahi und ein vegetarisches Gericht mit Kartoffeln hat Mounir gezaubert - mangels südasiatischem Brot essen wir es mit türkischem Fladenbrot. Ich hatte viel erwartet, aber nicht, dass Mounir so verdammt gut kochen kann. Nach dem Essen gibt es meethai, noch mehr Marmorkuchen, Datteln und schließlich schneidet Mounir noch eine Wassermelone auf. Und Tee natürlich, English breakfast tea - ganz südasiatisch mit viel Zucker und Milch.
Deutschland, Südasien, Golf ... Deutschland
Wir sind eine bunte Runde. Mounirs Cousin Mo hat seine Schulzeit in Deutschland verbracht, in [Südasien] studiert und dort auch einige Jahre gearbeitet, bis er in die Arabischen Emirate gegangen ist, wo er jahrelang im Finanzsektor gearbeitet hat. Seit einiger Zeit ist er wieder in Deutschland - auch nach über zehn Jahren im Ausland ist Deutschland Heimat geblieben. Meine Freundin Victoria ist Deutsche, vor Jahren zum Islam übergetreten.
Deutschland, Syrien, Ägypten, Belgien, Irland ... Deutschland
Ihr Mann Soheil stammt aus Lybien, ist in Deutschland geboren und hier aufgewachsen. Auch die beiden haben die letzten fünf Jahre im Ausland verbracht - zum Arabisch Lernen in Syrien und Ägypten, zum Studium in Belgien und Irland - und sind erst seit Kurzem wieder in Deutschland. Mo ist auf Jobsuche, er will wieder bei einer Bank arbeiten, Victoria ist Lehrerin, Soheil promoviert. Nur Mounir hat den größten Teil seines Lebens in Südasien verbracht.
Politik, Bildung, Gesellschaft, Kultur
Über Essen, Nachtisch und Tee diskutieren wir. Politische Lage in Syrien, Ägypten, Tunesien, Südasien; Bildung, Kultur und Werteerziehung in Deutschland, der arabischen Welt und Osteuropa; Dankbarkeit; humanitäre Hilfe in Südostasien; Mechanismen der Medienberichterstattung; über Christen in Südasien und Muslime in Europa; wie es ist, dazuzugehören und doch außen vorzustehen; wer die Verantwortung (und Möglichkeit) hat, für Minderheiten einzutreten und einen positiven Beitrag für ein friedliches Miteinander zu leisten - der Staat, die Zivilgesellschaft oder die Minderheiten selbst? Mos Bericht über eine Begegnung mit der Grenzpolizei am Flughhafen von [einer deutschen Stadt] ("Sind Sie Muslim? Beten Sie? Können Sie ein Flugzeug steuern?") ruft Kopfschütteln und lautes Gelächter aus.
"Noch ein Wort und - "
Wir warten bis alle fertig sind mit wudu, dann beten wir zusammen im Wohnzimmer. Vorher räumt Victoria noch die Spülmaschine ein und ich helfe ihr ein bisschen - als unsere Gastgeber das mitbekommen, folgt ein höflich-insistierendes "Aber nein das muss doch nicht sein ihr seid doch unsere Gäste bitte lasst das". Einer der Männer, ich glaube Mounir, scherzt: "Ach, die machen doch nur ihren Job" - worauf er die Antwort bekommt: "Noch ein Wort, mein Freundchen, und wir räumen alles wieder aus!" Gelächter. Wir beten. Und machen uns zweieinhalb Stunden später auf den Weg als es eigentlich geplant war. Ein Stück Fahrt durch die Nacht, und bald sind wir wieder zu Hause.