Freitag, 16. März 2012

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Naim Kattan: Farewell, Babylon. Coming of Age in Jewish Baghdad. Boston: David R. Godine, 2007.

In Farewell, Babylon schreibt Naim Kattan, ein jüdischer Irako-Franko-Kanadier (oder wie nennt man das? Himmel, ist Multikulti kompliziert) über seine Jugend im Bagdad der 1940er. Damals machte die jüdische Gemeinde der Stadt 25 Prozent der Bevölkerung aus.

Bagdad - Paris - Montréal

Die Welt, in der Naim Kattan sich damals bewegte, existiert nicht mehr. Um die zwanzig Personen zählte die jüdische Gemeinde Bagdads, als die allierten Truppen unter Führung der USA in den Irak einmarschierten. Auch Kattan lebte damals schon lange nicht mehr in Bagdad. Er hatte sein Land als junger Mann verlassen, erst Richtung Paris, zum Studium an der Sorbonne; seit Mitte der 1950er lebt er in Montréal, Kanada.

Tigris-Wasser, Umm Kulthum und Kahlil Gibran

In der Geschichte seiner Jugend blickt er zurück auf eine Zeit, in der er und seine Freunde durch den Tigris schwammen; in der er die ersten Filme mit der ägyptischen Sängerin Umm Kulthum sah; in der er viersprachig (Arabisch, Französisch, Hebräisch, Englisch) aufwuchs. Er erzählt von seiner Liebe für die französische Sprache und Kultur und seinem Unverständnis, als er erfuhr, dass seinem in Bagdad unterrichtender Französischlehrer der Name Kahlil Gibran unbekannt war. Auch die fehlende Wahlfreiheit der Frauen, egal ob jüdischer, christlicher oder muslimischer Konfession, in seinem Umfeld ist Thema.

Unsichtbare Grenzen

Er berichtet vom Leben als Angehöriger einer religiösen Minderheit im neu geformten irakischen Nationalstaat; den unsichtbaren Grenzen zwischen muslimischen und jüdischen Vierteln (auch wenn man, wie Kattans Vater, Bruder und Onkel als Beamter jüdische und christliche Kollegen hatte), aber auch die Separation zwischen wohlhabenden und ärmeren Mitgliedern der jüdischen Gemeinde.

Der Anfang vom Ende

Von der Diskriminierung berichtet er; wie er und seine Freunde Bildung als Weg aus der Marginalisierung sahen; und vom Farhud-Pogrom 1941, das alle Illusionen der jüdischen Gemeinde, doch als Teil des neuen Staates anerkannt werden zu können, zerschlug. Der Farhud, so erklärt Kattan im Rückblick, war der Anfang vom Ende. Er schildert eine Zeit des Umbruchs und eine Welt, die unterging, "a homeland which caused us so much pain."

Immer noch Iraki

Als er das Land verlässt, spricht es keiner aus, aber seine Freunde und Familienangehörigen wissen, dass sie im bald folgen werden. Heute leben sie in Frankreich, den Vereinigten Staaten und in Israel. Doch sein arabisches Erbe, so Kattan, ist auch in Kanada noch ein Teil von ihm: "Even though I had changed my surroundings, my world, and my culture, I never lost touch with my background, for I found that cultures, like loves, can be added to each other without contradiction."

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Klingt gut. gibts auch auf deutsch? erinnert mich an das wunderschöne Buch von andré aciman "damals in alexandria". Dort geht es auch um eine multikulturelle Gesellschaft, die unterging, als der arabische Nationalismus stark wurde.http://www.hanser-literaturverlage.de/buecher/buch.html?isbn=978-3-446-18521-0

Lieselotte hat gesagt…

Hab grad mal nachgeschaut, aber eine deutsche Übersetzung scheint es nicht zu geben. Franzözisch wäre noch 'ne Option, das Original ist auf Französisch.