Auf dem Balkan sprach man von "ethnischen Säuberungen", in Israel/Palästina ist die Rede von "religiösen Fanatikern auf beiden Seiten" und im Irak stehen sich "Sunniten, Schiiten und Kurden" gegenüber. Wie religiös aber sind diese Kriege tatsächlich? Welche Rolle spielt der unterschiedliche ethnische Hintergrund der Kriegsparteien? Kämpfen im Nahen Osten Juden gegen Muslime (und Christen), Juden gegen Araber, Israelis gegen Palästinenser - wie soll man diese Konflikte lesen? So, meint der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler:
"Dass die ethnischen und religiösen Erklärungen der neuen Kriege so attraktiv sind, dürfte vor allem daran liegen, dass die Kriege damit, zumindest implizit, für irrational erklärt werden können: Wenn sie von antiquierten, unaufgeklärten Einstellungen und Motiven angetrieben werden, so liegt es nahe, ihnen mit dem Instrumentarium der Aufklärung zu Leibe zu rücken. (...) Solange man sich mit den ökonomischen Strukturen dieser Kriege nicht beschäftigt hat, kann man dem bequemen Glauben anhängen, Rationalisierung und Pazifierung würden auch hier, wie in den Staaten der OECD-Welt, Hand in Hand gehen. Schaut man jedoch näher hin, erkennt man, dass die neuen Kriege in vieler Hinsicht selbst das Ergebnis ökonomischer Zweckrationalität sind beziehungsweise dass zweckrational handelnde Akteure in ihnen eine bedeutende Rolle spielen: auf Seiten der Unternehmer, der Politiker und nicht zuletzt der Bewaffneten."
Herfried Münkler: Die neuen Kriege. Reinbek bei Hamburg : Rowohlt, 2002.
Mittwoch, 16. Februar 2011
Ethnische und religiöse Kriege
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2 Kommentare:
Einfach ein kluger Mann! Der hat den Durchblick. Lasst euch bloss nix vormachen, Leute!
"Dass die ethnischen und religiösen Erklärungen der neuen Kriege so attraktiv sind" ...
... hat auf gar keinen Fall etwas damit zu tun, dass die ethnischen und religiösen Mobilisierungen zu den neuen Kriege so erfolgreich sind.
Ein Warlord, der mit seinen Bereicherungsinteressen zu Mord und Tod riefe, käme einfach nicht so gut rüber. Brutalität und Dummheit haben vielmehr listige Voraussetzungen. Ethnisch und religiös nennt man sie heute.
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