Teil1: Ich finde, dass der Artikel eine viel differenziertere Aussage trifft ... es ist nicht die Rede von "Sexbesessenheit", sondern von einem anderen Umgang mit Sexualität, der anders als die Bedeckung vermuten lässt, viel offener und interessierter ist und im Prinzip nicht unbedingt den Zweck erfüllt, den sie erfüllen soll. Auch ich habe ambivalente Gefühle, wenn ich bedeckte Frauen sehe. Teilweise empfinde ich eine gewisse unangenehme Ausstrahlung von manchen kopftuchtragenden Frauen. Sie scheinen sich manchmal sehr erotisch vorzukommen. Nicht alle, nein, v.a. die jüngeren Frauen, die gleichzeitig stark geschminkt sind oder auch nur einen gewissen Blick haben, der paradox zu ihrem Kleidungsstil erscheint. Auch die Körperhaltung ist manchmal konträr zu der Bedeckung. Außerdem muss ich sagen, dass sogar ich als Frau, die mit Sicherheit keine homoerotischen Phantasieren hegt, Kopftuchträgerinnen auf der Straße automatisch anstarre. Was mich dazu treibt? Neugierde! Ich will wissen, wie die Person aussieht, die mir da entgegenkommt, ich will wissen, weshalb sie sich versteckt! Was ihn ihr vorgeht, während ich die frische Frühlingsluft im Haar spüre und mir im Sommer die Sonne auf die Arme scheint ... etc.
Die Feststellung, die der iranische Freund der Autorin macht, kommt mir bekannt vor. Ähnliche Bemerkungen habe ich auch ein mal aus dem Munde eines muslimisch aufgewachsenen jungen Mannes gehört. Seinen Worten zufolge wirken die minimalen Einblicke, die verhüllte Frauen teilweise gewähren, z.B. ein Fußknöchel, ein Stück vom Hals, etc. schon dermaßen erregend auf Männer, die sonst nur ganzkörperverhüllte Frauen zu Gesicht bekommen, dass man sich nicht vorzustellen vermag, was passieren würde, wenn die Frauen plötzlich nicht mehr verschleiert wären. Es würden sich wahrscheinlich alle Männer auf sie stürzen oder auf der Stelle explodieren ob der geballten Erotik, die da auf sie zurollen würde.
Seiner Meinung nach sei das aber gut, denn so blieben die Männer sensibel für kleine Reize, und seien nicht so abgestumpft wie z.B. deutsche Männer, die es überhaupt nicht juckt, wenn sie im Schwimmbad fast nackte Frauen sehen. D.h. die muslimischen Männer wissen es einfach noch zu schätzen, wenn sie dann irgendwann von der Familie eine Frau zugewiesen bekommen und es spielt dann keine große Rolle wie die Frau aussieht (Äußerlichkeiten seien eh nebensächlich), der Mann findet sie sowieso attraktiv, weil es die erste und einzige Frau wäre, die er unbedeckt zu Gesicht bekäme.
Ich für meinen Teil verstehe es nicht, wieso das gut sein soll, wenn ein Mann auf jeden kleinsten "Reiz" einer Frau "sensibel" reagiert. Es ist nicht alles hübsch an einem Menschen ... und muss es auch überhaupt nicht sein. V.a. nicht einzelne Körperteile! Aber natürlich ist mir auch bekannt, dass im Islam auch Männer dafür sorgen sollen, dass sie in ihrer äußeren Erscheinung nicht zu "attraktiv" daherkommen sollen. Z.B. sollten sie einen Vollbart tragen um ihr ggf. schönes Gesicht zu verbergen. Aha!
Teil 2: Und um noch mal auf das Thema des Zeit-Artikels zurückzukommen: Ich habe vor ein paar Tagen einen Podcast von SWR2 "Leben" gehört: http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/leben/-/id=660174/nid=660174/did=7487478/4nec4x/
Darin geht es zwar nicht um die islamische Verhüllung, doch kratzt das Thema einen Aspekt an, den ich in diesem Zusammenhang für relevant halte. Und zwar wird darin u.a. über Opfer sexueller Gewalt gesprochen und die Folgen, die diese auf ihr Leben und ihre weiteren Erfahrungen hat. Es kommen in dem Beitrag Frauen vor, die teilweise missbraucht wurden oder negative Erfahrungen mit Körperlichkeit gemacht haben und die ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen haben, teilweise erneut Opfer sexualisierter Gewalt werden und sich auf der Straße immer wieder den unangenehmen, ausziehenden Blicken und Übergriffen fremder Männer gegenüber sehen. Die Frauen haben ein verändertes Körperbild von sich selbst und strahlen etwas aus, das bestimmten Männern signalisiert, hier ein leichtes Opfer zu haben, eine Frau, die sich nicht wehren kann.
Wenn man das Ganze auf Frauen überträgt, die sich ohne Bedeckung nackt und schutzlos in der Öffentlichkeit fühlen, aber trotz Verstecken ihrer Reize dennoch Blicke auf sich ziehen, dann sieht man, dass es viel mehr um die Ausstrahlung, Persönlichkeit und Körperhaltung, geht, die eine Frau hat und die ausschlaggebend für die Reaktionen fremder Männer ist. Es hilft nicht, sich zu Bedecken um sich vor ein paar psychisch labilen, gewaltbereiten Männern, die ihre eigene Unvollkommenheit mit sexueller Dominanz auszugleichen versuchen, zu schützen. Genauso wie eine labile Frau, die ängstlich und schüchtern im Minirock mit Highheels herumläuft und eine Körpersprache hat, die zeigt, dass sie sexuelle Übergriffe befürchtet, öffters das Pech haben wird, dass sie obszöne Blicke zugeworfen bekommt oder tatsächlichen Missbrauch erfährt. Sei es weil sie ständig auf der Hut davor ist und darum schneller bemerkt, wenn ein Mann sie interessiert anschaut, was andere Frauen gar nicht bemerken würden, oder sei es, weil sie sowieso schon in der Opferrolle steckt und wie ein Magnet die Psychopathen anzieht. Dies soll keine Anschuldigung sein! Eher eine Hypothese, die ich aus meinen eigenen Erfahrungen ableite. Auch soll es die Schuld nicht von den Tätern nehmen! Gäbe es nicht diese kranken Männer, hätten die Frauen auch keine Chance negative Erfahrungen zu machen und ihr Verhalten danach auszurichten.
Ich denke trotzdem: selbstbewusste, mit sich und ihrem Körper wirklich im Einklang lebende Frauen können sich ohne Stress in der Öffenltlichkeit bewegen. Sei dies nun auf Grund von ausschließlich guten Erfahrungen in der eigenen Geschichte oder weil frühere Traumata erfolgreich bewältigt wurden.
Meine eigenen Erfahrungen sprechen auch für diese Thesen ... ich kann mich kaum an negative Erlebnisse in der Öffentlichkeit erinnern. Auch wenn ich oft in ultra-kurzen Shorts und Trägershirt oder Kleidchen unterwegs war (jetzt bin ich zu alt dafür :-D) Ich habe seltenst mal einen unangenehmen Blick bemerkt. Höchstens mal ein aufrichtiges, respektvolles Kompliment für ein besonders geschmackvolles Kleidungsstück. Den unangenehmen Zeitgenossen passte/passe ich wohl meistens nicht ins Beuteschema.
Wenn ich den Artikel von Frau Baspinar richtig verstehe, sind wir doch alle Sexbessen. Als Psychonalytikerin folgt Sie nur einem Freudianischen Ansatz (Der Sexualtrieb als beherrschender Movens der menschlichen Existenz). Dass die westliche Kultur die Frau zum Sexualobjekt degradiert kann man auch bei Alice Schwarzer nachlesen. Die ganzen Gefahren, die durch die Sexualreize verschleiderter Frauen ausgehen können, schilderen eindrücklich auch mehrere wahabitischer Religionsgelehter in Volker Perthes, Orientalische Promenaden (Kaptel über Saudi-Arabien). Ich persönlich werde mich, nach der Lektüre dieses Artikels, gleich morgen über meine nicht kopftuchtragende Assistentin stürzen, denn die von ihr ausgesendeten Signale sind ja eindeutig.
@annanymos: Netter Name! Meiner Meinung nach gibt es so viele Gründe, das Kopftuch zu tragen, wie es KT-tragende Frauen gibt.. ich bin Sufi und bei "uns" gibt es auch viele Frauen, die es tragen, weil es sie an eine Gemeinschaft erinnert (ich z.B.), es gibt auch Frauen, die das Tuch manchmal ausziehen, es gibt Frauen, die nicht mal vor Frauen das Tuch ablegen... Ich finde es schade, das immer wieder ALLE Muslime, ALLE Frauen in einen Topf geworfen werden.
@Dilara (Dein Name gefällt mir übrigens auch ;-) ) Ich finde nicht, dass ich mit meinem Beitrag "mal wieder" alle Muslimas in einen Topf werfen. Ich schildere nur meine Eindrücke. Natürlich fallen mir nur bestimmte Frauen auf. Andere übersehe ich vielleich. Und meine Erwähnung des Podcasts soll auch nur einen Aspekt, der mir gerade wichtig ist, aufzeigen. Ich bin nicht prinzipiell gegen Kopftücher. Ich will nur mitteilen, dass ich es manchmal befremdlich finde ... und mir manche Aspekte vielleicht nicht gefallen, weil ich es nicht verstehen kann.
"Dass die westliche Kultur die Frau zum Sexualobjekt degradiert kann man auch bei Alice Schwarzer nachlesen."
Ich wage mal einen anderen Ansatz: Gerade der islamische Kulturkreis lädt durch das Kopftuchgebot die Weiblichkeit doch geradezu auf. Als Frau kann ich mich im sogenannten "Westen" männlich kleiden, ich kann einen Kurzhaarschnitt tragen und sehr burschikos rüberkommen. Aber sobald ich das Kopftuch aufziehe, ist meine Rolle klar. Wo hat Simone de Beauvoir "Man wird nicht als Frau geboren, man wird zur Frau gemacht" Geltung wenn nicht hier?
Ich muss dazu sagen, dass das eine sehr feministische Diskussion werden könnte und ich wahrscheinlich als Mann der falsche Ansprechpartner wäre :-)
Genau das (was Normalverteilung sagt) ist u.a. manchmal auch mein Gedankengang! Ich sehe in der islamischen Verhüllung der Frau eine starke Betonung der "weiblichen Reize", auf der einen Seite. Man macht die Frau zu einem Sexualobjekt, das es zu "entschärfen" gilt.
Oder ein anderer meiner Gedankengänge ist jener, dass es irgendwie "albern" ist, dass sich die Frauen "verkleiden" müssen, da die meisten doch sowieso nicht solche "Sexbomben" sind, die vor Sexappeal nur so strotzen (wenn man mal von der Theorie absieht, dass durch die strikte Verschleierung schon das kleinste Fitzelchen Haut zu enormen Reaktionen seitens der Y-Chromosom-Träger führen kann ;-) ) Manchmal wurde mir in Diskussionen mit kopftuchtragenden Frauen aber auch schon gesagt, dass es eher um eine Wertschätzung aller Frauen geht. Alle Frauen seien im Islam gleich-schön und gleich-attraktiv! Sie sollen sich verhüllen um ihre Schönheit nicht zur Schau zu stellen. Und wenn man dann argumentiert, dass dies aber nicht stimme, dass manche Frauen doch "weiblicher" sind als andere und hübscher und schöner usw., dann kommt als Antwort sowas wie "Es ist fair, dass alle Frauen, ob schön oder hässlich, sich bedecken. Dann sind alle gleich und die Schönen haben keinen Vorteil." Hm ... irgendwie widersprüchlich. Sind nun alle Frauen schön oder nicht? Spielt es eine Rolle oder nicht? Liegt es nicht im Auge des Betrachters??? Blablabla ... Fakt ist, eine Frau ist auch nur ein Mensch mit 2 Beinen und eine Lockenpracht braucht keinen Waffenschein.
@Annanymous: Mein letzter Satz mit dem "in einen Topf werfen" hat sich auf den eigentlichen Artikel bezogen, nicht auf Deinen Kommentar. Sorry, das hatte ich mißverständlich geschrieben.
Zum Thema Verhüllung und Reize: Ich bin auch der Meinung, daß ein Mann mich nicht auf der Straße anzuspringen hat - egal, wie ich rumlaufe. Ich kann nur von meiner Erfahrung reden: Ich trage Kopftuch, gehe allerdings auch schwimmen oder auch mal in die Sauna. Ich sehe das Tuch nicht als Pflicht, mache damit Sport, gehe ins Kino und Konzerte etc... ABER das Tuch erinnert mich selber daran, daß es Momente im Leben gibt, in dem Glauben unendlich wichtig und manchmal sogar lebensrettend ist (ich spreche NUR für mich hier!), das ich gewisse Vorsätze habe und das ich in vielen Situationen mit Tuch "beschützter" bin (nicht vor den Blicken anderer). Ich bin durch das Tuch weniger eitel geworden und lege weniger Wert auf Äußerlichkeiten - und mir tut das total gut. Aber das muß jetzt nicht heißen, das es bei anderen Frauen auch so ist. :o)
Was mich an dem Artikel gestoert hat, war diese Fixierung auf das Sexuelle. Das ist ein Aspekt beim Kochtuchtragen, aber doch nicht der einzige. Davon, dass sich die Gruende fuer das Kopftuchtragen mit der Zeit auch aendern koennen - kein Wort davon im Artikel.
Und wenn Deniz Baspinar dann schreibt, dass Kopftuchtraegerinnen in ueberdurchschnittlichem Masse mit ihrer Sexualitaet beschaeftigt sind, dann stimmt das einfach nicht. Manche, ja, vielleicht, aber doch nicht alle?!
10 Kommentare:
Teil1:
Ich finde, dass der Artikel eine viel differenziertere Aussage trifft ... es ist nicht die Rede von "Sexbesessenheit", sondern von einem anderen Umgang mit Sexualität, der anders als die Bedeckung vermuten lässt, viel offener und interessierter ist und im Prinzip nicht unbedingt den Zweck erfüllt, den sie erfüllen soll. Auch ich habe ambivalente Gefühle, wenn ich bedeckte Frauen sehe. Teilweise empfinde ich eine gewisse unangenehme Ausstrahlung von manchen kopftuchtragenden Frauen. Sie scheinen sich manchmal sehr erotisch vorzukommen. Nicht alle, nein, v.a. die jüngeren Frauen, die gleichzeitig stark geschminkt sind oder auch nur einen gewissen Blick haben, der paradox zu ihrem Kleidungsstil erscheint. Auch die Körperhaltung ist manchmal konträr zu der Bedeckung. Außerdem muss ich sagen, dass sogar ich als Frau, die mit Sicherheit keine homoerotischen Phantasieren hegt, Kopftuchträgerinnen auf der Straße automatisch anstarre. Was mich dazu treibt? Neugierde! Ich will wissen, wie die Person aussieht, die mir da entgegenkommt, ich will wissen, weshalb sie sich versteckt! Was ihn ihr vorgeht, während ich die frische Frühlingsluft im Haar spüre und mir im Sommer die Sonne auf die Arme scheint ... etc.
Die Feststellung, die der iranische Freund der Autorin macht, kommt mir bekannt vor. Ähnliche Bemerkungen habe ich auch ein mal aus dem Munde eines muslimisch aufgewachsenen jungen Mannes gehört. Seinen Worten zufolge wirken die minimalen Einblicke, die verhüllte Frauen teilweise gewähren, z.B. ein Fußknöchel, ein Stück vom Hals, etc. schon dermaßen erregend auf Männer, die sonst nur ganzkörperverhüllte Frauen zu Gesicht bekommen, dass man sich nicht vorzustellen vermag, was passieren würde, wenn die Frauen plötzlich nicht mehr verschleiert wären. Es würden sich wahrscheinlich alle Männer auf sie stürzen oder auf der Stelle explodieren ob der geballten Erotik, die da auf sie zurollen würde.
Seiner Meinung nach sei das aber gut, denn so blieben die Männer sensibel für kleine Reize, und seien nicht so abgestumpft wie z.B. deutsche Männer, die es überhaupt nicht juckt, wenn sie im Schwimmbad fast nackte Frauen sehen. D.h. die muslimischen Männer wissen es einfach noch zu schätzen, wenn sie dann irgendwann von der Familie eine Frau zugewiesen bekommen und es spielt dann keine große Rolle wie die Frau aussieht (Äußerlichkeiten seien eh nebensächlich), der Mann findet sie sowieso attraktiv, weil es die erste und einzige Frau wäre, die er unbedeckt zu Gesicht bekäme.
Ich für meinen Teil verstehe es nicht, wieso das gut sein soll, wenn ein Mann auf jeden kleinsten "Reiz" einer Frau "sensibel" reagiert. Es ist nicht alles hübsch an einem Menschen ... und muss es auch überhaupt nicht sein. V.a. nicht einzelne Körperteile! Aber natürlich ist mir auch bekannt, dass im Islam auch Männer dafür sorgen sollen, dass sie in ihrer äußeren Erscheinung nicht zu "attraktiv" daherkommen sollen. Z.B. sollten sie einen Vollbart tragen um ihr ggf. schönes Gesicht zu verbergen. Aha!
Teil 2:
Und um noch mal auf das Thema des Zeit-Artikels zurückzukommen:
Ich habe vor ein paar Tagen einen Podcast von SWR2 "Leben" gehört: http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/leben/-/id=660174/nid=660174/did=7487478/4nec4x/
Darin geht es zwar nicht um die islamische Verhüllung, doch kratzt das Thema einen Aspekt an, den ich in diesem Zusammenhang für relevant halte. Und zwar wird darin u.a. über Opfer sexueller Gewalt gesprochen und die Folgen, die diese auf ihr Leben und ihre weiteren Erfahrungen hat. Es kommen in dem Beitrag Frauen vor, die teilweise missbraucht wurden oder negative Erfahrungen mit Körperlichkeit gemacht haben und die ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen haben, teilweise erneut Opfer sexualisierter Gewalt werden und sich auf der Straße immer wieder den unangenehmen, ausziehenden Blicken und Übergriffen fremder Männer gegenüber sehen. Die Frauen haben ein verändertes Körperbild von sich selbst und strahlen etwas aus, das bestimmten Männern signalisiert, hier ein leichtes Opfer zu haben, eine Frau, die sich nicht wehren kann.
Wenn man das Ganze auf Frauen überträgt, die sich ohne Bedeckung nackt und schutzlos in der Öffentlichkeit fühlen, aber trotz Verstecken ihrer Reize dennoch Blicke auf sich ziehen, dann sieht man, dass es viel mehr um die Ausstrahlung, Persönlichkeit und Körperhaltung, geht, die eine Frau hat und die ausschlaggebend für die Reaktionen fremder Männer ist. Es hilft nicht, sich zu Bedecken um sich vor ein paar psychisch labilen, gewaltbereiten Männern, die ihre eigene Unvollkommenheit mit sexueller Dominanz auszugleichen versuchen, zu schützen. Genauso wie eine labile Frau, die ängstlich und schüchtern im Minirock mit Highheels herumläuft und eine Körpersprache hat, die zeigt, dass sie sexuelle Übergriffe befürchtet, öffters das Pech haben wird, dass sie obszöne Blicke zugeworfen bekommt oder tatsächlichen Missbrauch erfährt. Sei es weil sie ständig auf der Hut davor ist und darum schneller bemerkt, wenn ein Mann sie interessiert anschaut, was andere Frauen gar nicht bemerken würden, oder sei es, weil sie sowieso schon in der Opferrolle steckt und wie ein Magnet die Psychopathen anzieht. Dies soll keine Anschuldigung sein! Eher eine Hypothese, die ich aus meinen eigenen Erfahrungen ableite. Auch soll es die Schuld nicht von den Tätern nehmen! Gäbe es nicht diese kranken Männer, hätten die Frauen auch keine Chance negative Erfahrungen zu machen und ihr Verhalten danach auszurichten.
Ich denke trotzdem: selbstbewusste, mit sich und ihrem Körper wirklich im Einklang lebende Frauen können sich ohne Stress in der Öffenltlichkeit bewegen. Sei dies nun auf Grund von ausschließlich guten Erfahrungen in der eigenen Geschichte oder weil frühere Traumata erfolgreich bewältigt wurden.
Meine eigenen Erfahrungen sprechen auch für diese Thesen ... ich kann mich kaum an negative Erlebnisse in der Öffentlichkeit erinnern. Auch wenn ich oft in ultra-kurzen Shorts und Trägershirt oder Kleidchen unterwegs war (jetzt bin ich zu alt dafür :-D) Ich habe seltenst mal einen unangenehmen Blick bemerkt. Höchstens mal ein aufrichtiges, respektvolles Kompliment für ein besonders geschmackvolles Kleidungsstück. Den unangenehmen Zeitgenossen passte/passe ich wohl meistens nicht ins Beuteschema.
Wenn ich den Artikel von Frau Baspinar richtig verstehe, sind wir doch alle Sexbessen. Als Psychonalytikerin folgt Sie nur einem Freudianischen Ansatz (Der Sexualtrieb als beherrschender Movens der menschlichen Existenz). Dass die westliche Kultur die Frau zum Sexualobjekt degradiert kann man auch bei Alice Schwarzer nachlesen.
Die ganzen Gefahren, die durch die Sexualreize verschleiderter Frauen ausgehen können, schilderen eindrücklich auch mehrere wahabitischer Religionsgelehter in Volker Perthes, Orientalische Promenaden (Kaptel über Saudi-Arabien).
Ich persönlich werde mich, nach der Lektüre dieses Artikels, gleich morgen über meine nicht kopftuchtragende Assistentin stürzen, denn die von ihr ausgesendeten Signale sind ja eindeutig.
@annanymos: Netter Name! Meiner Meinung nach gibt es so viele Gründe, das Kopftuch zu tragen, wie es KT-tragende Frauen gibt.. ich bin Sufi und bei "uns" gibt es auch viele Frauen, die es tragen, weil es sie an eine Gemeinschaft erinnert (ich z.B.), es gibt auch Frauen, die das Tuch manchmal ausziehen, es gibt Frauen, die nicht mal vor Frauen das Tuch ablegen...
Ich finde es schade, das immer wieder ALLE Muslime, ALLE Frauen in einen Topf geworfen werden.
@Dilara (Dein Name gefällt mir übrigens auch ;-) ) Ich finde nicht, dass ich mit meinem Beitrag "mal wieder" alle Muslimas in einen Topf werfen. Ich schildere nur meine Eindrücke. Natürlich fallen mir nur bestimmte Frauen auf. Andere übersehe ich vielleich. Und meine Erwähnung des Podcasts soll auch nur einen Aspekt, der mir gerade wichtig ist, aufzeigen. Ich bin nicht prinzipiell gegen Kopftücher. Ich will nur mitteilen, dass ich es manchmal befremdlich finde ... und mir manche Aspekte vielleicht nicht gefallen, weil ich es nicht verstehen kann.
Interessanter blog, kluge Kommentare. Sehr viel differenzierter als es gemeinhin zu lesen gibt.
"Dass die westliche Kultur die Frau zum Sexualobjekt degradiert kann man auch bei Alice Schwarzer nachlesen."
Ich wage mal einen anderen Ansatz: Gerade der islamische Kulturkreis lädt durch das Kopftuchgebot die Weiblichkeit doch geradezu auf. Als Frau kann ich mich im sogenannten "Westen" männlich kleiden, ich kann einen Kurzhaarschnitt tragen und sehr burschikos rüberkommen.
Aber sobald ich das Kopftuch aufziehe, ist meine Rolle klar.
Wo hat Simone de Beauvoir "Man wird nicht als Frau geboren, man wird zur Frau gemacht" Geltung wenn nicht hier?
Ich muss dazu sagen, dass das eine sehr feministische Diskussion werden könnte und ich wahrscheinlich als Mann der falsche Ansprechpartner wäre :-)
Genau das (was Normalverteilung sagt) ist u.a. manchmal auch mein Gedankengang! Ich sehe in der islamischen Verhüllung der Frau eine starke Betonung der "weiblichen Reize", auf der einen Seite. Man macht die Frau zu einem Sexualobjekt, das es zu "entschärfen" gilt.
Oder ein anderer meiner Gedankengänge ist jener, dass es irgendwie "albern" ist, dass sich die Frauen "verkleiden" müssen, da die meisten doch sowieso nicht solche "Sexbomben" sind, die vor Sexappeal nur so strotzen (wenn man mal von der Theorie absieht, dass durch die strikte Verschleierung schon das kleinste Fitzelchen Haut zu enormen Reaktionen seitens der Y-Chromosom-Träger führen kann ;-) )
Manchmal wurde mir in Diskussionen mit kopftuchtragenden Frauen aber auch schon gesagt, dass es eher um eine Wertschätzung aller Frauen geht. Alle Frauen seien im Islam gleich-schön und gleich-attraktiv! Sie sollen sich verhüllen um ihre Schönheit nicht zur Schau zu stellen. Und wenn man dann argumentiert, dass dies aber nicht stimme, dass manche Frauen doch "weiblicher" sind als andere und hübscher und schöner usw., dann kommt als Antwort sowas wie "Es ist fair, dass alle Frauen, ob schön oder hässlich, sich bedecken. Dann sind alle gleich und die Schönen haben keinen Vorteil." Hm ... irgendwie widersprüchlich. Sind nun alle Frauen schön oder nicht? Spielt es eine Rolle oder nicht? Liegt es nicht im Auge des Betrachters??? Blablabla ... Fakt ist, eine Frau ist auch nur ein Mensch mit 2 Beinen und eine Lockenpracht braucht keinen Waffenschein.
@Annanymous: Mein letzter Satz mit dem "in einen Topf werfen" hat sich auf den eigentlichen Artikel bezogen, nicht auf Deinen Kommentar. Sorry, das hatte ich mißverständlich geschrieben.
Zum Thema Verhüllung und Reize: Ich bin auch der Meinung, daß ein Mann mich nicht auf der Straße anzuspringen hat - egal, wie ich rumlaufe. Ich kann nur von meiner Erfahrung reden: Ich trage Kopftuch, gehe allerdings auch schwimmen oder auch mal in die Sauna. Ich sehe das Tuch nicht als Pflicht, mache damit Sport, gehe ins Kino und Konzerte etc... ABER das Tuch erinnert mich selber daran, daß es Momente im Leben gibt, in dem Glauben unendlich wichtig und manchmal sogar lebensrettend ist (ich spreche NUR für mich hier!), das ich gewisse Vorsätze habe und das ich in vielen Situationen mit Tuch "beschützter" bin (nicht vor den Blicken anderer). Ich bin durch das Tuch weniger eitel geworden und lege weniger Wert auf Äußerlichkeiten - und mir tut das total gut.
Aber das muß jetzt nicht heißen, das es bei anderen Frauen auch so ist. :o)
Was mich an dem Artikel gestoert hat, war diese Fixierung auf das Sexuelle. Das ist ein Aspekt beim Kochtuchtragen, aber doch nicht der einzige. Davon, dass sich die Gruende fuer das Kopftuchtragen mit der Zeit auch aendern koennen - kein Wort davon im Artikel.
Und wenn Deniz Baspinar dann schreibt, dass Kopftuchtraegerinnen in ueberdurchschnittlichem Masse mit ihrer Sexualitaet beschaeftigt sind, dann stimmt das einfach nicht. Manche, ja, vielleicht, aber doch nicht alle?!
Kommentar veröffentlichen