Mittwoch, 21. April 2010

London, Tag 8

London ist schön, gut, eine tolle Stadt, keine Frage, bla bla ... nur geht mir das Ausländersein auf den Geist.

Im Supermarkt stehe ich bestimmt ne halbe Stunde vor dem Gemüseregal, weil die unterschiedlichen Preisangaben fürs Kilo, das Pfund, pro so-und-so-viel Stück mich verwirren; insgesamt brauche ich bestimmt ne Stunde für den Einkauf, weil ich mehr oder weniger desorientiert durch die Regalreihen laufe und nicht finde, was ich suche. Die Münzen sind fremd, das Postleitzahlensystem auch, die Handyvorwahlen sowieso, ich sehe beim Über-die-Strasse-laufen regelmässig in die falsche Richtung und ob ich das Ticketentwertungssystem in der tube so richtig verstanden habe, bin ich mir auch nicht sicher. Ganz zu schweigen davon, ob ich den gerade angemessenen Grad an Höflichkeit in einer Frage, Erwiderung oder einem Kommentar habe mitschwingen lassen. Die Leute sehen anders aus - und auf so viele verschiedene Arten anders -, manche sprechen ganz komisch, und ich finde es wahnsinnig anstrengend, mir die alle ansehen zu müssen, zu überlegen, wie anders sie sind (und warum), wie sie es finden, hier zu sein (und warum), wie sie es bei mir fänden - würden sie das Gleiche denken?

Da fand ich es im Nahen Osten oder in Südasien manchmal weniger anstrengend. Da weiss man wenigstens von vorne herein, dass man in der Fremde ist. Oder liegt es daran, dass hier alles so geballt auftritt, in dieser riesen Stadt, in der einen ein paar Stationen mit der U-Bahn von Klein-Dhaka über Englisch-Braunschweig nach London-London-so-wie-es-im-Reiseführer steht führen? - Aber war das in Paris wirklich anders?

Oder bin ich es, die nach all den Jahren genug vom Reisen hat? Liegt es am Lieschen, mit dem alles ein bisschen umständlicher ist?

Ich weiss es auch nicht. Ich finde es nur gerade einfach ziemlich anstrengend, Fremder zu sein.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ja ja, das kann sehr anstrengend sein. Ich denke auch, dass Deine Theorie nicht ganz falsch ist: Man ist so nah an der Heimat und erwartet vielleicht implizit, dass es gar nicht so viel anders sein kann. Aber ist es irgendwie halt doch. Und mit Paris kann man London, glaube ich, schlecht vergleichen.
Die eingeborenen Insulaner, und speziell die Londoner, sind glaube ich einfach ein Fall für sich. Und wenn dann noch diverse andere schillernde Kulturen daruntergemischt werden, explodieren die Eindrücke für einen Außenstehenden oder neu Neuhinzukommenden einfach. Hehe ... Reizüberflutung!

Aber mit den Münzen kam ich ehrlich gesagt ziemlich schnell zurecht. Auch mit den Preisen. Der Umrechnungskurs stand irgendwie günstig - bzw. in einem praktischen Verhältnis (fast 1 zu 1). Weiß nicht, wie es momentan ist ...

Anonym hat gesagt…

Ach Lotte, ich kann das wirklich gut verstehen! Ich bin zwar nicht so weit gereist wie Du, aber irgendwann will man mal "ankommen" und sich zu Hause fühlen. Bei Euch ist es natürlich um so schwerer, da das Vertraute für den anderen gleichzeitig das Fremde ist. Schwierige Situation eigentlich.
Ich wünsche Dir die Kraft, einen Weg durch diese für Dich schwierige Situation zu finden!
LG, I.

Lieselotte hat gesagt…

Hallo I. ;)

Jetzt weiss ich, wer du bist! Danke fuer den lieben Kommentar!!