Sonntag, 6. Januar 2013

Übergangsphase

"Wir befinden uns in einer Übergangsphase", meinte Tariq Ramadan neulich im ZEIT-Interview mit Kübra (Gümüsay). Und ganz genauso ist es. Die, die lange kaum sichtbar waren; oft kaum gebildet, schlechte Jobs besetzten und in der Öffentlichkeit eher weniger wahrnahmbar waren, die werden sichtbarer, hörbarer. Haben bessere Ausbildungen, wollen bessere Jobs, auch dazugehören, sichtbar sein, anerkannt werden.

Und das wird auch so kommen, weil wir - Gott sei Dank - in einer demokratischen Gesellschaft leben, in der das möglich ist. Alles andere - die Seppels von PI und Pro-was-noch-mal, Henryk Broder und Kohorten, selbst einer wie dieser Breivik aus Norwegen - ist nur ein letztes Aufbäumen derer, die gerne weiterhin eine weiße, westeuropäische, bloß-nicht-muslimische, überhaupt-nicht-multikulturelle Gesellschaft wollen.

Die Reaktionen sind so heftig, weil sie vielleicht sogar wissen, dass bald Schluss ist mit dem Quatsch, dass bald alle dazugehören dürfen und jeder so sein kann, wie er will. Nicht hundertprozent, aber ein bisschen mehr als jetzt. So wie in London zum Beispiel. Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Es ist nur eine Frage der Zeit.

8 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das werden wir noch sehen.

Sie haben sich ja für eine Seite entschieden.

Aber ich glaube, dass die Mehrheit der Bevölkerung die deutsche Identität erhalten will, wie sie ist und nicht zwangsmultikulturalisiert werden will. Das ist schließlich unser Menschenrecht.

Ja, das gilt sogar für weiße Westeuropäer.

Die Umfragen sprechen da ja eine deutliche Sprache.

Was gibt Ihnen eigentlich das Recht, diese Gesellschaft gegen den Widerstand der Bevölkerung verändern zu wollen? Würde es ein islamisches Land betreffen, würden Sie von Kolonialismus reden.

conring hat gesagt…

@Liselotte
"...dass bald alle dazugehören dürfen und jeder so sein kann, wie er will."
Gilt das dann nach der ramadanschen Übergangsphase nur in Europa?
Oder dürfen sich dann auch Schwule udn nicht Nichtmuslime in Mekka tummeln? Solche Leute soll es in Swingin London doch auch geben.
Oder ist das, was Ramadan, Frau Gümüsay und Sie fordern überhaupt
nicht global?
Meiser Ramadan spricht ja au nur von seinen drei Ls.
Unter Laws würde hier doch auch das hiesige Kopftuchverbot für Leherinnen fallen.

Lieselotte hat gesagt…

Mein/e liebe/r Anonym,

Sie haben wirklich kein bisschen verstanden, um was es geht. Es geht nicht um Zwangsmaßnahmen, die Leuten, die das gar nicht wollen, aufoktroyiert werden, sondern um Entwicklungen, voll und ganz in Einklang mit Demokratie und Menschenrechten.

Wenn Sie mal dreißig Jahre zurückdenken: Das Deutschland, das es damals gab, die deutsche Identität, wie sie damals existierte (wenn es überhaupt jemals nur eine Version davon gab), die gibt es so doch kaum noch. Wir haben uns weiterentwickelt. Und werden das immer weiter tun.

Pizza, Döner, Hamburger; ein Fatih Akin, eine Herta Müller, ein Wladimir Kaminer, ein Cem Özdemir; dass ein Altkanzler eine türkische Schwiegertochter hat; Deutsche mit Kopftuch; dass man Feta, Plini und Pirogi im Supermarkt kaufen kann, dass Zucchini und Aubergine im deutschen Küchenalltag dazu gehören; dass Bundesligaspieler Mesut heißen und ihre Adoptivtöchter Layla - all das war vor 20, 30, 40, 50, 60 Jahren noch undenkbar - und ist heute deutscher Alltag.

Die Schimanskis im Ruhrgebiet waren vor hundert, zweihundert Jahren auch Fremde. Und gehören heute dazu. So läuft es. Braucht vielleicht keine 20, 30 oder 50 Jahre, sondern 100. Aber es kommt.

Und, dass nur nebenbei, "zwei Seiten" gibt es dabei nicht. Ist ein kleines bisschen komplexer das Ganze.

Lieselotte hat gesagt…

@ conring:

Natürlich ist das eine Forderung, die nicht nur in Bezug auf bestimmte Minderheiten und bestimmte Regionen gilt.

Was die drei Ls angeht: Klar fällt, dass man sich an das Kopftuchverbot z.B. in Schulen hält, darunter. Aber ein Gesetz in Frage stellen und mit den Mitteln, die der Rechtsstaat uns zur Verfüfung stellt, dagegen angehen, das geht auch. Und genau das tun die betroffenen Frauen ja auch.

Anonym hat gesagt…

Die Schimanskis im Ruhrgebiet waren vor hundert, zweihundert Jahren auch Fremde. Und gehören heute dazu. So läuft es.

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Die sind aber assimiliert. Sie wollen ja das genaue Gegenteil.

Lieselotte hat gesagt…

Erstens waren die nicht immer assimiliert.

Und zweitens ist das Gegenteil von Integration / Partizipation (nennen Sie es, wie Sie wollen) nicht Assimilation.

conring hat gesagt…

@Liselotte

"Natürlich ist das eine Forderung, die nicht nur in Bezug auf bestimmte Minderheiten und bestimmte Regionen gilt."
Wo tritt denn Professore Ramadan für Minderheitsrechte in islamischen Ländern ein?
Machen Sie das eigentlcih auch selber? Hier in Ihrem Blog doch eher nicht.

Lieselotte hat gesagt…

Tariq Ramadan ist in vielen mehrheitlich muslimischen Ländern ein ungesehener Gast, weil er dort Missstände ankreidet, von denen die authoritären Regimes dort lieber nicht hören wollen.

Fünf Minuten Google-Recherche und Sie könnten das selbst sehen.

Das gleiche gilt für Ihre zweite Frage. Fünf Minuten Recherche in meinen Archiven und Sie würden finen, nach was Sie fragen.

Aber geht es Ihnen überhaupt darum? Oder sind Sie nur zum Rumstänkern hier?