Ich weiß noch, wie kurios wir es damals - vor langer, langer Zeit - in der Schule im Französischunterricht fanden, dass "eine Gruppe von 10 Männern 'dix amis' sind, aber eine Gruppe von 10 Frauen und einer männlichen Maus nicht etwa 'onze amies' sondern 'onze amis' sind." So oder so ähnlich hat unsere Französischlehrerin uns das damals erklärt. Die männliche Bezeichnung dominiert, und eine kleine Maus männlichen Geschlechts kann den femininen Plural in einen maskulinen ändern.
Kompromissversuche
Eigentlich ist das im Deutschen nicht viel anders. Ist von einer Gruppe von Männern und Frauen die Rede, die in der Sozialarbeit tätig sind, ist von "Sozialarbeitern" die Rede. In den letzten Jahren kamen Umschreibungen wie "Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen", "BusfahrerInnen", "Lehrer/innen" oder "Kund(inn)en" auf - gelegentlich stößt man sogar auf "Freund_innen". Der Platz, der durch die Verwendung des Unterstrichs entsteht, soll symbolisieren, dass Platz für jede sexuelle Identität ist - unabhängig davon, ob sich jemand als männlich, weiblich oder etwas anderes definiert.
Hitzig geführte Debatte
Die Debatten zu dem Thema werden oft hitzig geführt. Von tiefster Verachtung bis zu amüsierter Belustigung oder einfach nur genervtem Augenverdrehen angesichts der "umständlichen", "überflüssigen" Wortungetüme, die durch ein auf diese Weise ausgedrücktes Verständnis von Geschlechtergerechtigkeit entstehen - die meisten von uns kennen wohl die üblichen Reaktionen.
Muss ein "DB Service Point" wirklich sein?
Ich fand solche Umschreibungen und die vielen Binde- und Querstriche auch oft lächerlich. Ich weiß, dass ich eine "Freundin" und kein "Freund" bin, wozu also die Aufregung. Aber Sprache polarisiert - man denke nur an die Anti-Anglizismus-Fanatiker, die sich über aus dem Englischen übernommene Fremdwörter aufregen, als wäre Sprache nicht schon immer dem Wandel und fremden Einflüssen unterlegen. (Gut, zugegeben, ein DB Service Point muss vielleicht nicht wirklich sein.)
Sprache ist Träger und Ausdruck von Kultur?
Aber manchmal frage ich mich doch, weshalb solche Fragen in so aufgeregter Art und Weise diskutiert werden. Sprache ist Träger und Ausdruck von Kultur? Ja, klar. Kleidung zum Beispiel aber auch. Warum also so viele Diskussionen über die Notwendigkeit der Errettung unserer Kultur und Sprache, während sich keiner um all die schlecht angezogenen Menschen da draußen schert. Ihr wollt Kultur erhalten - bitte schön, knöpft euch die Frau da vorne in der pinken Karottenhose und den Mann im schlecht geschnittenen Regenparka vor.
Ein paar neue Aspekte
Mist, das war jetzt auch polarisierend. Also schnell wieder zurück zum eigentlichen Thema, der Verwendung des Maskulinum und Femininum im Deutschen. Kürzlich stieß ich auf einen erstaunlich sachlich geschriebenen Artikel zum Thema, der ohne das so oft gehörte Lalala zu wiederholen, eine ganze Reihe an Punkten aufzeigte, die mir so in der Diskussion noch nicht untergekommen sind. Darf ich vorstellen? "Frauen natürlich ausgenommen" von Anatol Stefanowitsch (Hilfe, hört sich der Name fremd an!! Ist das womöglich ein AUSLÄNDER?? Ach nee, ein Prof, dann ist ja gut). Enjoy!
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3 Kommentare:
Ich hätte ja am liebsten:
das Lehrer als generische Form,
die Lehrerin und der Lehrerich als geschlechtsspezifische Form. Aber außer mir will das wohl keiner ;)
Ha ha ha, Lehrerich?! Genial! :D
Sprache und Identifikation ist wichtig, aber sich auf ein Mal nicht mit einer Sprache zu identifizieren und einen großen Wirbel um das "generische Maskulinum" machen, obwohl es schon immer so in der Kultur verankert war, finde ich ein bisschen übertrieben. Diejenigen, die es mögen sollen es benutzen, der Rest kann eine andere Variante nehmen und alle bekommen was sie wollen.
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