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Oder: "Noch so einer" vs. "schön, dass du da bist"Oder: Hasret und Enes
Hasret ist in ihren Vierzigern. Sie kam als Grundschulkind aus der Türkei, wo sie bei den Großeltern, Mama und Papa waren zum Arbeiten in Deutschland, gelebt hatte, nach Deutschland. Sie machte ihren Abschluss, arbeitete, erkämpfte sich das Medizinstudium, begann ihre Promotion. Heute ist sie Ärztin. Jetzt, wo sie beruflich Fuß gefasst hat, ist auch das Kopftuch nicht mehr so eine Barriere, zu dem es teilweise während ihrer Ausbildung und den ersten Berufsjahren von so manchem Chefarzt oder Uniprofessor gemacht wurde. Sie kann was, man will sie. Ihre Fachwissen und die Erfahrung im Beruf sind gefragt. Ihre Türkischkenntnisse sind ein Plus, die Kulturkenntnisse sowieso.
Ihr Sohn Enes, so würden manche vielleicht sagen, lebt hier "in der dritten Generation". Als es Zeit für ihn war, in den Kindergarten zu kommen, meldete Hasret ihn im katholischen Kindergarten um die Ecke an. In Laufnähe, und dass den Kindern dort auch religiöse Werte vermittelt wurden, sagte ihr auch zu. Enes bekam den Platz. Alles war paletti, bis Hasrets Mutter den Kleinen zum ersten Mal in den neuen Kindergarten brachte. Sie wurde dort so herablassend, so forsch, so was-willst-du-Gastarbeiter-hier behandelt, dass Hasret sich weigerte, den Kleinen in der Einrichtung zu lassen. Jemandem, der ihre Mutter so behandelte, der solch ein Bild von Deutschtürken, von Muslimen hatte, ihren Sohn anvertrauen? Nein, danke.
Hasret hat das Geld, sie kann es sich leisten - und einige Monate später war Enes in einer Internationalen Schule in der Stadt angemeldet. Der Lehrplan orientiert sich an britischem Vorbild, die Kinder sind - wie auf der Insel - bis nachmittags in der Schule, Enes lernt neben Deutsch und Türkisch jetzt auch Englisch und er ist willkommen. Wäre er in eine der Schulen in dem Viertel, in dem Hasret und ihre Familie bis heute wohnen, einkommensschwach, bildungsfern, gastarbeiterig, gekommen - Enes wäre in einer Einrichtung gelandet, auf der er "noch so einer" gewesen wäre. Wie heißt du? Enes. Aha, schon klar. Und dann noch die Oma mit Kopftuch und türkischem Akzent. Jetzt ist Enes auf einer Schule, auf der man sich freut, dass er da ist, wo er dazu gehört, Teil des Ganzen und Multikulti wie alle anderen ist.Wo Vielfalt willkommen ist, wo Enes willkommen ist.
Hasret hat das Geld, sie kann es sich leisten.
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