Sonntag, 12. Dezember 2010

Dreimal Islam an der Uni

Der erste term meines Studienjahres in London ist vorbei und weil ich hier in London bin, kam ich zum ersten Mal in meiner Uni-Laufbahn in den Genuss, das term-Ende mit einem von der Islamischen Hochschulgruppe organisierten Gemeinschaftsgebet zu feiern. Ich war baff. Da, wo ich bisher studiert habe, gab's so was nicht.

An meiner Uni irgendwo in einer nicht extrem großen Stadt in Ostdeutschland gab es so gut wie keine Muslime. Ich kannte ganz lange nur zwei, Louis aus dem Senegal und Abduh aus Ghana, die aber beide schon viel älter als ich und nicht mehr an der Uni waren. Dafür kannte mich an der Uni jeder, weil es nur ein Kopftuch gab, meins. Irgendwann hat mich dann Anna auf der Straße angesprochen. Sie war Russin, zum Islam übergetreten, studierte auch an meiner Uni und über sie lernte ich die anderen kennen: ein Mädchen aus Polen, die auch Muslimin geworden war, zwei Usbeken, für eine Weile waren auch zwei deutsche Türken mit dabei. In unserer Stadt gab es islammäßig nichts, keine Moschee, keine Vereine, kein halal Fleisch zu kaufen, ich kannte nicht mehr als zwei muslimische Familien. Unsere Islamische Hochschulgruppe haben wir uns selbst gegründet, und als wir dann einer nach dem anderen die Uni verlassen haben, war das das Ende unserer Gruppe.

Dann bin ich zum Studium nach Frankreich. Dort gab es plötzlich massenweise Muslime in meiner Stadt, halal Fleisch an jeder Ecke und auch genug Moscheen, aber an meiner Uni (einer sogenannten Elite-Uni) gab es nur wenige Kulturmuslime und noch weniger, die sich über das Minimum hinaus für ihre Religion interessierten. Ich kannte nur zwei, Dina aus Ägypten (das war Kopftuch Nummer zwei, es gab noch ein drittes) und Imran, einen syrischen Franzosen, mit dem ich zwischen den Vorlesungen durch das Unigebäude geschlichen bin, auf der Suche nach einer Ecke zum Beten. Auch dort: keine Islamische Hochschulgruppe (wir haben eine gegründet, aber als wir nach einem Jahr weg waren, gab es auch diese Gruppe nicht mehr).

Hier in London ist alles anders. Zwar bin ich auch die einzige Schleiereule an meiner Fakultät, an der Hunderte studieren, aber sonst an der Uni kommt einem immer mal wieder ein Kopftuch entgegen geweht. Es gibt einen schönen, geräumigen Gebetssaal mit kleiner Bibliothek, einer Sitzecke, sogar eine Mikrowelle steht da in der Ecke. Viele kommen nicht nur zum Beten, sondern auch zum Essen, Lernen, Quatschen und zu Hochzeiten (Hooooochzeiten, nicht Hochzeiten mit kurzem o) ist der Raum mit fünfzehn, zwanzig Mädels voll. Es gibt regelmäßige Veranstaltungen, die sich an Muslime und Nicht-Muslime wenden und auch die Internationalität ist beeindruckend: Großbritannien, Irland, Bangladesh, Pakistan, Indien, Sri Lanka, Palästina, Syrien, Jordanien, Ägypten, USA, Mauritius, Ghana, Sudan, Somalia - sind alle vertreten, seit Neustem auch Deutschland.

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