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Ich fuhr in den Jemen, als das noch möglich war
Ich
fuhr in den Jemen, als das noch möglich war. Als noch nicht Nachrichten
von Schießereien mitten in Sana'a, in Totschlag ausgeuferte
Entführungen und in die Luft gesprengte Ministerien die Runde machten.
Ich
fuhr in den Jemen ohne das Land oder seine Bewohner wirklich zu kennen
und mit nur minimalem Einblick in die Sprache und Kultur. Ich fuhr
alleine in den Jemen, mit Koffer, Handtasche und einem Zettel mit der
Adresse meiner Unterkunft und meines Arbeitgebers in der Hand.
Am
Flughafen von Sana'a erwarteten mich Hitze und Staub, Gelb und Braun.
Von Bergen umringt lag dort die Stadt vor mir, über 2000 Meter auf einem
Plateau in der Mitte des Landes gelegen. Sieben Stunden Flug hatten
mich von Mitteldeutschland in den Nahen Osten geführt, in die
glitzernden Metropolen der Golfstaaten, die es geschafft hatten. Noch
eine Stunde Flug später kam ich im Jemen an.
Als
ich die Altstadt sah, wurde mir klar, dass ich vor Jahren ein Bild von
Sana'a gesehen hatte, braune Lehmbauten, weiß bemalt, vor graubrauner
Gebirgskette, und damals gedacht hatte, "wow, so stellt man sich bei uns
'den Orient' vor". Es gab diese Stadt, es gab dieses Land - das Bild
war real, auch wenn es damals, in Deutschland, auf mich klischeehafter
gewirkt hatte, als so manche verzerrte Darstellung allens was östlich
von Wien liegt.
Aus
der Flughafenhalle ins grelle Sonnenlicht, den weißen Staub getreten,
verfolgte ich die
Ich-bin-Tourist-aber-das-müsst-ihr-ja.nicht-unbedingt-wissen-Taktik.
Ahnungsvolles Gesicht aufgesetzt, leicht arrogante Miene gemacht, Kinn
hoch, und zielstrebig geradeaus. Wohin ich da lief - keine Ahnung. Ohne
nennenswerte Arabischkenntnisse ein Taxi angeheuert. Den Namen meiner
Unterkunft konnte ich sagen, das Stadtviertel, und eine Straße, die in
der Nähe lag.
Bis
zum Stadtviertel kamen wir. Wie erklärt man einem Taxifahrer, der kein
Englisch oder Französisch (Deutsch sowieso nicht) kann, wenn man selbst
des Arabischen nicht wirklich mächtig ist, wohin es gehen soll? Eine
Telefonnummer hatte ich dabei, aber weder er noch ich ein Mobiltelefon.
Zum Glück ist man freundlich im Jemen, hilfsbereit und gastfreundlich,
zum Glück war der Mann bereit trotz vorher ausgehandelten Fahrpreises
Straße nach Straße zu durchfahren und immer mal wieder nach dem Weg zu
fragen.
Gefunden
haben wir das Haus schließlich tatsächlich, aber eigentlich bin ich
damals in Blaue gefahren, bei meiner ersten Reise in den Jemen.